Irreführende Werbung – Grenzen der zulässigen Werbung
Irreführende Werbung ist ein häufiges Phänomen. Nach § 5 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über unterschiedliche Umstände, deren wichtigste Fallgruppen in diesem Beitrag dargestellt werden.
Irreführende Werbung – Abmahnung bei Verstoß
Eine Abmahnung wegen irreführender Werbung kann immer dann ausgesprochen werden, wenn im geschäftlichen Verkehr unzulässig geworben wird. Eine Abmahnung wegen irreführender Werbung hat die Aufforderung zum Gegebstand, die irreführende Werbung zu unterlassen und dieses Unterlassungsversprechen mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu untermauern. Reagiert der Verletzer auf eine Abmahnung wegen irreführender Werbung nicht oder nicht hinreichend, kann eine Einstweilige Verfügung beantragt oder eine Unterlasssungsklage erhoben werden, um damit ein gerichtliches Verbot der irreführenden Werbung anzustreben. Eine Abmahnung wegen irreführender Werbung kann grds. nur von Mitbewerbern oder klagebefugten Verbänden ausgesprochen werden. Als Anwalt bei irreführender Werbung begutachten wir die Kampagnen der Konkurrenz unserer Mandanten und sprechen gegebenenfalls eine Abmahnung wegen irreführender Werbung aus. Ebenso verteidigen wir unsere Mandanten, wenn diese eine Abmahnung wegen irreführender Werbung erhalten haben.
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M EIrreführende Werbung Beispiele
Irreführende Werbung kennzeichnet sich durch Aussagen in Werbematerialien, die entweder objektiv falsch oder subjektiv missinterpretierbar sind.
Ob eine Werbeaussage irreführende Werbung und somit untersagt ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, der mit der Werbung angesprochenen Zielgruppe. Bei einem alltäglichen Produkt könnte das der allgemeine Verkehr sein, also jeder Durchschnittsverbraucher.
Bei einem fachspezifischen Produkt stellt man hingegen auf die Auffassung der entsprechenden Fachkreise ab, die in der Regel besonders gut informiert sind (z.B. Verkauf von Medizinprodukten an Ärzte), sodass die Irreführungsgefahr geschmälert wird.
Um eine Irreführung feststellen zu können betrachtet man den Gesamteindruck der Aussage und wie sie von einem durchschnittlichen Verbraucher wahrgenommen wird und das unter Berücksichtigung aller Umstände des Werbeauftritts. Verbraucher die Aussage verstehen würde.
Selbst besonders hervorgehobene Angaben können allein irreführend sein, selbst wenn im Kleingedruckten etwas berichtigendes steht.
Wenn ein Mitbewerber diese Regelung jedoch missachtet, können Unterlassungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche aufgrund der irreführenden Werbung entstehen. Wir wollen in diesem Artikel einige Beispiele irreführender Werbung aufzeigen.
1. Irreführung durch mehrdeutige, unklare, unvollständige Angaben
Enthält die Werbung eines Mitbewerbers mehrere Aussagen, muss grundsätzlich jede Angabe der Wahrheit entsprechen. Bietet eine Werbeaussage mehrere Interpretationsmöglichkeiten, so muss der Werbende jede mögliche Aussage gegen sich gelten lassen. Das ist auch der Fall, wenn die Mehrdeutigkeit der Aussage überhaupt nicht gewollt war.
Selbstverständlich besteht auch die Möglichkeit, dass jede Bedeutung der Werbeaussage der Wahrheit entspricht, dann ist die Mehrdeutigkeit der Angabe auch nicht irreführend. Anders beurteilt sich das bei unklaren Angaben. Bei unklaren Werbeaussagen entsteht bei dem angesprochen Verkehrskreis keine eindeutige und klare Vorstellung, sodass es in der Regel zu keiner Irreführung kommt, § 5 II UWG.
Andererseits gibt es auch Werbeaussagen, die unklar sind, aber nicht unbedingt irreführend. Zum Beispiel, wenn ein Produkt als „Premium“ oder „hochwertig“ bezeichnet wird, könnte dies bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Vorstellungen hervorrufen. Solange der Verbraucher keine konkreten Erwartungen an das Produkt entwickelt, die es nicht erfüllt, kann eine solche Aussage unbedenklich sein. Wenn jedoch Verbraucher durch solche Aussagen eine bestimmte Qualität oder Eigenschaft erwarten und das Produkt diesen Erwartungen nicht entspricht, könnte das irreführend sein. Bei irreführender Werbung mit mehrdeutigen, unklaren, unvollständigen Angaben droht eine Abmahnung wegen irreführender Werbung
2. Irreführende Werbung durch Werbung mit Selbstverständlichkeiten
Werbung mit Selbstverständlichkeiten kann auch eine irreführende Werbung darstellen.
- 5 UWG dient dazu, das Publikum vor irreführender Werbung zu schützen. Dies bedeutet, dass auch Angaben, die objektiv richtig sind, unzulässig sein können, wenn sie bei einem erheblichen Teil der Verbraucher einen falschen Eindruck erwecken. Ein solcher falscher Eindruck kann entstehen, wenn Werbung etwas als besonderes Merkmal hervorhebt, was eigentlich selbstverständlich ist, und dadurch die Kunden glauben, dass das beworbene Produkt oder die beworbene Dienstleistung dadurch einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz hat.
Wenn eine Eigenschaft als besonderer Vorteil hervorgehoben wird, obwohl es das eine Standardanforderung ist, kann dies zu einer irreführenden Werbung führen. Entscheidend ist, dass der Verbraucher durch diese Betonung einen Vorteil annimmt, den das Produkt tatsächlich nicht hat.
Eine andere Art von Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist die Betonung von Rechten, die den Verbrauchern gesetzlich ohnehin zustehen. Dies ist ein Sonderfall, der unter allen Umständen als unlautere Geschäftspraxis gilt und in der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG aufgelistet ist. Ein Beispiel dafür ist die Betonung der gesetzlichen Rückgaberechte oder der gesetzlichen Garantie, die von sich aus nicht als besondere Merkmale dargestellt werden sollten, weil sie schon von Gesetzes wegen gelten.
Beispiele für unzulässige Werbeaussagen:
- Sie erhalten eine Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und auf Ihren Namen.
- Unsere Produkte kommen mit 24 Monaten Gewährleistung.
- Wir verkaufen nur Originalware! Keine billigen Fälschungen.
- Bei uns haben Sie ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
- Alle eingeführten Artikel werden ordentlich verzollt.
- Wir übernehmen das Risiko für Versandgefahren, und Ihr Paket ist gegen Transportschäden oder Verlust versichert. Die eBay-Gebühren zahlen wir.
- Unsere Produkte sind FCKW-frei und CE-geprüft.
Eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten kann von einem Mitbewerber oder klagebefugten Verband mit einer Abmahnung wegen irreführender Werbung angegriffen werden. Weitergehende Informationen erhalten Sie hier:
Werbung mit Selbstverständlichkeiten
3. Irreführende Werbung durch Übertreibungen
Werbung kann Übertreibungen, Superlative und Alleinstellungsmerkmale verwenden, um Produkte oder Dienstleistungen attraktiver zu machen. Das ist grundsätzlich erlaubt und wird von der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken abgedeckt. Entscheidend ist jedoch, dass diese Übertreibungen nicht irreführend sind.
Der entscheidende Punkt ist, wie der durchschnittlich informierte und angemessen aufmerksame Verbraucher die Werbung mit Übertreibungen versteht. Dieser kann Werbeübertreibungen erkennen und sie in den meisten Fällen auch richtig einordnen. Übertreibungen in der Werbung sind daher erlaubt, solange sie nicht den Eindruck erwecken, dass das beworbene Produkt oder die Dienstleistung etwas bietet, was es nicht tut.
Bei der rechtlichen Einordnung von Werbeaussagen unterscheidet man zwei Typen:
Typ 1: Anpreisungen ohne objektiv nachprüfbaren Inhalt
Das sind Werbeaussagen, die keinen klaren Tatsachengehalt haben und eher als suggestiver Appell verstanden werden.
Beispiele wären:
- Ein Blumenladen wirbt mit „den schönsten Blumen der Welt.“
- Ein Varietétheater spricht von einer „künstlerischen Erlebnis-Show.“
In solchen Fällen fehlt der objektive Inhalt, weshalb § 5 UWG nicht zutrifft. Der durchschnittliche Verbraucher nimmt solche Aussagen nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als emotionale oder suggestive Werbesprache wahr.
Typ 2: Anpreisungen mit objektiv nachprüfbarem Inhalt
Das sind Werbeaussagen, die einen nachprüfbaren Tatsachengehalt haben, aber dennoch als reklamehafte Übertreibungen verstanden werden. Beispiele wären:
- „Unzerreißbare Hose“
- „Ewig haltbar“
Hier kann der Verbraucher zwar erkennen, dass die Aussagen nicht wörtlich zu nehmen sind, aber sie enthalten einen gewissen Tatsachenkern. Beispielsweise könnte „unzerreißbar“ als „sehr reißfest“ interpretiert werden oder „ewig haltbar“ als „überdurchschnittlich haltbar.“
Entscheidend ist, dass diese Art von Aussagen nicht wörtlich genommen werden, jedoch eine allgemeine Botschaft vermitteln, die überprüfbar ist. Der Grad der Nachprüfbarkeit hängt auch davon ab, wie konkret die Aussage ist. Wenn die Aussage suggeriert, dass das beworbene Produkt einzigartig ist oder eine Alleinstellung besitzt, wie bei „Preisknüller des Jahres“ oder „die besten Fenster,“ kann sie durchaus als überprüfbare Tatsachenbehauptung angesehen werden. Werbung mit Übertreibungen kann also wettbewerbswidrig sein und mit Abmahnung wegen irreführender Werbung angegriffen werden.
4. Irreführende Werbung durch Werbungen mit Äußerungen Dritter
Wer Werbung mit Äußerungen Dritter betreibt, macht sich deren Inhalte zu eigen. Das gilt auch für wissenschaftliche Äußerungen Dritter oder Gutachten. Dadurch haftet der Werbende für irreführende Angaben, die in diesen fremden Äußerungen Dritter enthalten sind. Beispielsweise ist es irreführend, wenn in einer Werbung ein Privatgutachten zitiert wird und behauptet wird, „Gemäß Studienlage sind rund 75 % der familienpsychologischen Gutachten mangelhaft und somit anfechtbar“, obwohl diese Information lediglich auf einer nicht veröffentlichten und dem Werbenden nicht bekannten Studie basiert (OLG Karlsruhe WRP 2023, 477). Solche Fälle fallen unter das Irreführungsverbot des § 5 UWG. Gegen eine solche Werbung mit Äußerungen Dritter kann man mittels Abmahnung wegen irreführender Werbung vorgehen.
5. Irreführung durch Werbung mit Wissenschaftlichen Beiträgen
Bei der Werbung mit wissenschaftlichen Beiträgen ist die Frage nach der Irreführung besonders heikel. Wenn ein Unternehmen solche Beiträge für Werbezwecke nutzt, muss sichergestellt sein, dass sie wissenschaftlichen Standards entsprechen. Wird beispielsweise mit einer medizinischen Studie geworben, muss die Studie nach wissenschaftlichen Maßstäben korrekt durchgeführt worden sein. Wenn sie wissenschaftlich unzulänglich ist oder wichtige Faktoren ignoriert, handelt es sich um irreführende Werbung.
6. Irreführende Werbung durch Werbung mit Meinungsumfragen
Wenn Werbung mit Meinungsumfragen betrieben wird, müssen diese Meinungsumfragen objektiv und aktuell sein. Verbraucher gehen davon aus, dass die Ergebnisse neutral und unabhängig erhoben wurden und keine finanziellen Verbindungen zwischen dem Verlag und dem werbenden Unternehmen bestehen. Es gibt bei einer Werbung mit Meinungsumfragen also viel zu beachten. Ist eine Werbung mit Meinungsumfragen rechtswidrig, kann diese mit einer Abmahnung wegen irreführender Werbung abgestellt werden.
7. Irreführende Werbung durch Werbung mit Gütesiegel
Eine Werbung mit Gütesiegel unterliegt ebenfalls strengen Voraussetzungen. Ein Gütesiegel oder Prüfzeichen zeigt dem Verbraucher, dass ein Produkt bestimmte wichtige Eigenschaften in Bezug auf Qualität und Brauchbarkeit erfüllt. Man erwartet, dass ein neutraler Experte die Produkte nach objektiven Kriterien geprüft hat und dass eine kontinuierliche Überwachung gewährleistet ist. Irreführende Werbung kann vorliegen, wenn bei einer Werbung mit Gütesiegel das Gütesiegel nicht von einem unabhängigen Dritten vergeben wird oder auf unzureichenden Prüfverfahren basiert. Ein Beispiel für irreführende Werbung mit Gütesiegel ist, wenn ein Unternehmen der Touristik-Branche ein Gütesiegel erhält, das von einem beauftragten Steuerberater und nicht von einem neutralen Experten vergeben wurde (OLG Frankfurt GRUR 1994, 523). Ebenso ist es irreführend, wenn eine „Auszeichnung der Europäischen Wirtschaftskammer Brüssel“ beworben wird, ohne dass sie auf anerkannten Standards basiert (LG Dresden WRP 2000, 662).
Ein weiteres Beispiel für irreführende Werbung ist die Verwendung eines firmeneigenen „Bio-Zeichens“, das den Anschein eines anerkannten Gütesiegels erweckt (LG München I WRP 2021, 829; OLG München WRP 2022, 494). Auch das Gütesiegel „Wir unterstützen keine Kinderarbeit“ ist irreführend, wenn keine entsprechenden Kontrollmaßnahmen existieren (LG Stuttgart WRP 2006, 1156). Eine irreführende Werbung mit Gütesiegel kann ebenfalls mittels Abmahnung wegen Irreführung abgestellt werden.
8. Irreführung durch Werbeverbot im Heilwesen
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 11 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) ist es untersagt, außerhalb von Fachkreisen mit nicht-fachlichen Äußerungen Dritter zu werben, insbesondere mit Dankes-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben oder Hinweisen darauf, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise genutzt werden. Dieses Verbot gilt jedoch nicht für die Werbung, die sich an Fachkreise richtet. Die Verwendung von Kundenbewertungen auf Online-Marktplätzen wie Amazon, solange der Anbieter sie sich nicht zu eigen macht, stellt keine Empfehlung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG dar (BGH GRUR 2020, 543 – Kundenbewertungen auf Amazon). Diese Art von Bewertungen wird daher nicht verboten. Weitere Infos zum Thema Heilmittelwerberecht erhalten Sie hier:
9. Irreführende Werbung durch Werbung mit Verfügbarkeit einer Ware
Es ist ausdrücklich verboten, Verbraucher über die Verfügbarkeit oder Vorratshaltung von Waren oder Dienstleistungen irrezuführen. Unternehmen dürfen keine Werbung schalten, die den Eindruck erweckt, bestimmte Produkte seien verfügbar, obwohl sie in Wirklichkeit in unzureichender Menge vorhanden sind. Wenn diese Praxis missbräuchlich oder irreführend genutzt wird, ist sie verboten und kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Im Verhältnis zwischen Unternehmen und Verbrauchern („B2C“) ist das Verbot der Irreführung über die Vorratshaltung klar und strikt geregelt. Unternehmen dürfen keine Werbung schalten, die den Eindruck erweckt, bestimmte Produkte seien verfügbar, obwohl sie in Wirklichkeit in unzureichender Menge vorhanden sind.
Für Beziehungen zwischen sonstigen Marktteilnehmern („B2B“) gilt § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG, der die Irreführung über die Verfügbarkeit von Waren und Dienstleistungen verbietet. Allerdings empfiehlt es sich, dieses Verbot im Hinblick auf das strengere Per-se-Verbot für Verbraucher auszulegen, um eine konsistente Anwendung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine Werbung mit Verfügbarkeit einer Ware kann also eine Irreführung darstellen und mit einer Abmahnung irreführende Werbung abgestellt werden.
10. Irreführung durch zeitlich begrenzte Verfügbarkeit
Nicht nur die tatsächliche Vorratshaltung, sondern auch die zeitliche Verfügbarkeit von Waren kann Gegenstand irreführender Werbung sein. Im Online-Handel sind Angaben wie „Nur noch drei Stück verfügbar“ oder „Nur noch 5 Zimmer zu diesem Preis“ sehr häufig. Wenn diese Angaben nicht korrekt sind, liegt grundsätzlich eine irreführende Werbung gemäß vor.
11. Irreführende Werbung durch Werbung mit der Zusammensetzung der Ware
Angaben zur stofflichen Substanz eines Produkts sind für Verbraucher entscheidend, weil sie daraus auf Qualität und Eigenschaften schließen. Wenn diese Angaben falsch oder irreführend sind, kann das das Kaufverhalten beeinflussen. Werbung mit falschen Angaben zur Zusammensetzung ist in der Regel irreführende Werbung, auch wenn das Produkt letztlich die erwartete Qualität aufweist.Grundsätzlich dürfen künstliche Produkte nicht mit Bezeichnungen versehen werden, die üblicherweise für Naturerzeugnisse verwendet werden oder darauf hinweisen:
Irreführende Bezeichnungen bei Naturerzeugnissen als irreführende Werbung:
- „Natürliche“ Hauptpflegeöle: Verbraucher erwarten, dass ein Produkt, das als „natürliches“ Hauptpflegeöl beworben wird, hauptsächlich aus natürlichen Bestandteilen besteht, die in der Natur vorkommen.
- Matratze mit „Natur-Latex“: Eine Matratze, die als „mit allergenfreiem Natur-Latex“ beworben wird, obwohl ihr Naturlatexanteil nur bei 10–30 % liegt, ist irreführend. Verbraucher nehmen an, dass der Hauptbestandteil Naturlatex ist.
- „Torf“: Bezeichnungen wie „Torf“ deuten auf ein Naturprodukt hin. Ein Produkt, das aus Schlamm hergestellt wird, darf nicht als „Torf“ bezeichnet werden, selbst wenn es ähnliche Eigenschaften aufweist, ansonsten handelt es sich um irreführende Werbung.
Irreführende Bezeichnungen bei Getränken:
- Natürliches Mineralwasser: Dieses Wasser kommt aus unterirdischen, geschützten Quellen und behält eine konstante Zusammensetzung. Es ist durch seinen Mineralgehalt und seine Reinheit gekennzeichnet. Künstliches Mineralwasser darf nicht als „natürlich“ bezeichnet werden, da es sonst irreführende Werbung darstellt.
- Quellwasser: Auch Quellwasser stammt aus unterirdischen Quellen, kann jedoch bestimmten Verfahren unterworfen werden. Es unterscheidet sich von Mineralwasser durch weniger strenge Anforderungen.
- Tafelwasser: Tafelwasser kann verschiedene Zutaten enthalten und unterscheidet sich von Mineral- und Quellwasser. Es darf nicht unter einem Namen verkauft werden, der auf geografische Herkunft oder besondere Reinheit hindeutet.
Qualitätsaussagen als irreführende Werbung
- Markenware:
Eine Markenware (Markenartikel) im wettbewerbsrechtlichen Sinne ist ein Produkt, das mit einer Marke gekennzeichnet ist und bereits „einen Namen gemacht“ hat. Das bedeutet, dass es im Markt bekannt ist und aufgrund gleichbleibender oder verbesserter Qualität Anerkennung gefunden hat.
Um ein Produkt in der Werbung als Markenware zu präsentieren, reicht es nicht aus, dass es lediglich eine Marke trägt. Vielmehr muss es im Verkehr als bekannt und vertrauenswürdig gelten, was oft auf eine konstant hohe Qualität oder andere positive Eigenschaften zurückzuführen ist.
- Irreführung über das Vorliegen einer Marke:
- Es ist irreführende Werbung, Produkte als „Markenware“ zu bezeichnen, wenn sie nicht mit einer Marke gekennzeichnet sind. Die Bezeichnung „Markenware“ impliziert eine bestimmte Herkunft und Qualität, die mit einer Marke assoziiert ist. Es ist unerheblich, ob das Produkt tatsächlich aus der Produktion eines Markenherstellers stammt oder qualitativ vergleichbar ist (BGH GRUR 1989, 754 – Markenqualität). Beispielsweise ist es unzulässig, markenloses Benzin als „Markenbenzin“ anzubieten, selbst wenn es vom Hersteller von Markenbenzin stammt und die gleiche Qualität aufweist (BGH GRUR 1966, 45 – Markenbenzin).
- Im Gegensatz dazu ist die Bezeichnung „Markenqualität“ keine irreführende Werbung, da sie nicht behauptet, das Produkt sei eine Markenware. Sie drückt lediglich aus, dass die Qualität des Produkts mit der von Markenware vergleichbar ist. Hersteller von markenlosen oder weniger bekannten Produkten können den Begriff verwenden, um die Qualität ihrer Waren im Vergleich zu Markenprodukten zu betonen (BGH GRUR 2013, 1254 – Matratzen Factory Outlet).
- Irreführung über die Qualität
- Verbraucher verbinden oft spezifische Eigenschaften und Qualitäten mit einer Marke. Obwohl eine Marke normalerweise keine Garantiefunktion hat, kann es irreführend sein, wenn ein Produkt, das mit einer Marke gekennzeichnet ist, nicht die erwarteten Eigenschaften aufweist.
- Unter besonderen Umständen muss der Markeninhaber auf Veränderungen hinweisen, wenn er in der Vergangenheit eine bestimmte Eigenschaft fest mit der Marke verknüpft hat. Das ist allerdings eine Ausnahme; normalerweise kann der Hersteller die Qualität oder die Zusammensetzung des Produkts ändern, ohne ausdrücklich darauf hinweisen zu müssen.
- Eine irreführende Werbung ist auch die Vermarktung eines Produkts in verschiedenen Mitgliedstaaten unter derselben Marke, aber in unterschiedlicher Qualität oder Zusammensetzung („dual quality“). Diese Praxis ist nach § 5 III Nr. 2 UWG verboten.
- Wenn eine Kollektiv- oder Gewährleistungsmarke verwendet wird, ohne die Bedingungen für deren Nutzung einzuhalten, ist das irreführende Werbung. Die Kennzeichnung soll bestimmte Eigenschaften garantieren, und der Verkehr darf nicht getäuscht werden.
12. Irreführende Werbung durch Werbung mit Made in Germany / deutsches Erzeugnis
Produkte können als „deutsche Ware“ oder „deutsche Erzeugnisse“ bezeichnet werden, wenn sie auch in Deutschland hergestellt wurden. Die Herkunft des Unternehmens oder der Unternehmenssitz spielen dabei keine Rolle. Eine inländische Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens kann ihre in Deutschland hergestellten Produkte als „deutsches Erzeugnis“ bezeichnen. Die Bezeichnung „Deutsches Erzeugnis“ ist gestattet, wenn der wesentliche Herstellungsvorgang in Deutschland stattgefunden hat. Das bedeutet nicht, dass der gesamte Produktionsprozess in Deutschland stattfinden muss. Entscheidend ist, dass der maßgebliche Teil der Herstellung, der die qualitätsrelevanten Eigenschaften oder wesentlichen produktspezifischen Merkmale bestimmt, in Deutschland erfolgt.
Die Bezeichnung „Made in Germany“ kann irreführend sein, wenn wesentliche Teile des Produkts aus dem Ausland stammen und in Deutschland nur geringfügige Arbeiten durchgeführt werden. Beispielsweise ist es irreführend, wenn Kondome im Ausland hergestellt und in Deutschland nur verpackt, versiegelt oder einer Qualitätskontrolle unterzogen werden (BGH GRUR-RR 2015, 209 – KONDOME-Made in Germany).
Eine Irreführung durch den Unternehmensnamen, wie „k.® Germany GmbH“, ist ausgeschlossen, wenn der Verkehr die Angabe lediglich als Hinweis auf den Unternehmenssitz versteht und nicht auf den Herstellungsort.
Verwendung des Begriffs „deutsches Spitzenerzeugnis
Wenn eine Ware als „deutsches Spitzenerzeugnis“ beworben wird, muss sie zur Spitzengruppe aller in Deutschland hergestellten Produkte dieser Art gehören. Es reicht nicht aus, wenn sie nur in ihrer Preisklasse qualitativ hervorsticht. Der Begriff „Spitzenerzeugnis“ impliziert, dass die Ware von höchster Qualität ist und zu den besten Produkten in Deutschland zählt (BGH GRUR 1961, 538 – Feldstecher; GRUR 1973, 594 – Ski-Sicherheitsbindung). Auch hier kann eine irreführende Werbung vorliegen, die mittels Abmahnung geahndet werden kann.
13. Irreführende Werbung bei technischen Leistungsmerkmalen
Technische Merkmale wie Leistung, Festigkeit, Temperaturbeständigkeit oder Wasserdichtigkeit geben Aufschluss über die Leistungsfähigkeit oder Haltbarkeit eines Produkts. Wenn diese Angaben ungenau oder irreführend sind, kann das zur Irreführung führen. Wenn sich solche Angaben auf Produktklassen oder Normwerte beziehen, kann eine irreführende Werbung auch ohne genaue Kenntnis des Norminhalts entstehen.
14. Irreführung bei Domainnamen
Die Gefahr einer Irreführung bei Gattungsbegriffen als Domainnamen besteht insbesondere, wenn der Verkehr diese als Alleinstellungsbehauptung versteht. Beispielsweise könnte der Domainname „Mitwohnzentrale.de“ den Eindruck erwecken, es handle sich um den einzigen oder größten Anbieter von Mitwohnzentralen, was dazu führen könnte, dass Nutzer von der Suche nach anderen Angeboten absehen. Wenn ein Domainname eine Gattungsbezeichnung ist, kann eine Irreführung durch verschiedene Maßnahmen vermieden werden. Es ist nicht zwingend erforderlich, den Domainnamen zu ändern; ein klarer Hinweis auf der ersten sich öffnenden Seite kann ausreichen. Dieser Hinweis soll Missverständnisse vermeiden und klarstellen, dass der Domainname nicht auf eine Alleinstellung oder eine besondere Position auf dem Markt hindeutet.
Domainnamen können irreführende Werbung sein, wenn sie Erwartungen wecken, die nicht erfüllt werden. Die Möglichkeit, eine irreführende Aussage durch einen Hinweis auf der ersten sich öffnenden Internetseite zu korrigieren, gilt nur für Gattungsbezeichnungen oder bei gleichnamigen Unternehmen. Wenn ein Domainname eine bestimmte Erwartung erzeugt, sollte Sie sicherstellen, dass diese erfüllt wird.
Beispiele für irreführende Werbung bei Domainnamen:
- „steuererklaerung.de“: Der Domainname für einen Lohnsteuerhilfeverein ist irreführend, da er suggeriert, dass das Angebot umfassende Steuererklärungen abdeckt, was nicht der Fall ist (OLG Nürnberg GRUR 2002, 460).
- „uhren-magazin.de“: Dieser Domainname ist irreführend, wenn das Angebot keine redaktionellen Inhalte zu Uhren enthält, sondern sich auf andere Inhalte konzentriert (LG Frankfurt a.M. GRUR-RR 2002, 68).
- Geografische Bezeichnungen: Domainnamen wie „neuschwanstein.de“ oder „heidelberg.de“ können gegen das Namensrecht verstoßen, wenn sie ohne Erlaubnis des rechtmäßigen Namensinhabers verwendet werden. Öffentliche Körperschaften oder Verwaltungseinheiten haben das Recht, ihren Namen zu schützen (LG München I ZUM-RD 2002, 107; BGH GRUR 2012, 651 – regierung-oberfranken.de).
- Top-Level-Domains: Die Verwendung einer bestimmten Top-Level-Domain kann irreführend sein, wenn sie eine falsche Unternehmensform suggeriert. Die Verwendung von „.ag“ durch eine GmbH kann den Eindruck einer Aktiengesellschaft erwecken (LG Hamburg K&R 2003, 616).
Beispiele für unbedenkliche Domainnamen:
- „gigarecht“: Dieser Domainname wurde als zulässig angesehen, da er einen Rechtsberatungs-Service im Internet beschreibt (LG Berlin NJW-RR 2001, 1719).
- „herstellerkatalog.com“: Dieser Domainname ist unbedenklich, da er lediglich einen Katalog mit verschiedenen Herstellern und deren Waren beschreibt (OLG Stuttgart MMR 2002, 754).
15. Irreführende Produktwerbung im Internet
Bei der Produktwerbung im Internet sind klare Regeln erforderlich, um sicherzustellen, dass Verbraucher auf wesentliche Bestandteile eines Angebots, wie Preisangaben, deutlich hingewiesen werden. Internetnutzer folgen in der Regel nicht allen Links und beschränken sich auf die Informationen, die sie für den Vertragsabschluss benötigen. Die Frage ist oft, ob diese Informationen direkt auf der ersten Seite oder erst über einen Link auf einer nachfolgenden Seite bereitgestellt werden sollten.
Es kann zulässig sein, wenn wichtige Informationen nicht direkt auf der ersten Seite, sondern auf einer Folgeseite präsentiert werden, vorausgesetzt, dass der Nutzer im Laufe des Buchungsprozesses unmissverständlich auf diese Informationen hingewiesen wird.
Fälle werden eher als irreführend eingestuft, wenn wichtige Informationen auf einer separaten Seite bereitgestellt werden, die der Nutzer nicht unbedingt öffnen muss. Der BGH urteilte, dass es irreführende Werbung ist, wenn ein Anbieter von Toner für Drucker das Produkt als „Epson Tinte“ bewirbt und nur auf einer separaten Seite darauf hinweist, dass es sich nicht um ein Originalprodukt handelt (BGH GRUR 2005, 438 – Epson-Tinte).
16. Deep Links, Framing, Meta-Tags als irreführende Werbung
- Deep Links
Deep Links sind elektronische Querverweise (Links), die direkt auf eine tiefer liegende Seite innerhalb eines Internetangebots zugreifen, ohne die Startseite oder andere obere Ebenen zu passieren. Das kann zu Irreführung führen, da Werbung und andere Informationen, die normalerweise auf dem Weg zur Zielseite sichtbar wären, ausgeblendet werden (BGHZ 206, 11 – Haftung für Hyperlink).
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Framing
Beim Framing wird der Inhalt einer verlinkten Seite in einem Rahmen (Frame) dargestellt, was den Eindruck erwecken kann, dass der Inhalt zum Angebot des Verweisenden gehört, obwohl er tatsächlich von einem Dritten stammt. Diese Methode kann Nutzer täuschen, da sie möglicherweise nicht erkennen, dass sie sich auf einer fremden Seite befinden (OLG Düsseldorf MMR 1999, 729).
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Meta-Tags
Meta-Tags sind versteckte Suchwörter, die dazu verwendet werden, eine Internetseite in Suchmaschinen zu platzieren. Wenn Gattungsbegriffe als Meta-Tags verwendet werden, ist das unproblematisch (OLG Düsseldorf WRP 2003, 104). Problematisch wird es jedoch, wenn fremde Kennzeichen als Meta-Tags eingesetzt werden, um Internetnutzer von ihrem ursprünglichen Ziel abzulenken und auf die eigene Seite zu ziehen. Obwohl dies keine irreführende Werbung darstellt, kann es eine Verletzung von Markenrechten sein (BGHZ 168, 28 – Impuls).
17. Irreführende Werbung bei Adwords-Werbung
Bei Adwords-Anzeigen haben Werbende nur begrenzten Platz, um ihre Botschaften zu vermitteln. Daher ist es akzeptabel, wenn die Anzeige nur eine kurze, möglicherweise nicht vollständige Angabe enthält, solange die nachfolgenden Informationen auf der sich öffnenden Webseite vollständig und klar sind. Ein Beispiel ist die Werbung für die Lieferung einer Ware „innerhalb 24 Stunden“. Diese Aussage ist zulässig, auch wenn die tatsächliche Bedingung—dass Bestellungen montags bis freitags bis 16.45 Uhr erfolgen müssen—erst auf der Webseite erläutert wird (BGH GRUR 2012, 81 Rn. 14 f. – Innerhalb 24 Stunden).
18. Irreführende Werbung durch Kundenbewertungen im Internet
Unternehmen müssen offenlegen, ob und wie sie sicherstellen, dass die veröffentlichten Bewertungen tatsächlich von Kunden stammen, die das Produkt genutzt oder gekauft haben. Dies ist eine wesentliche Information gemäß § 5a Abs. 1 UWG.
Es ist außerdem unzulässig, zu behaupten, dass Produktbewertungen von tatsächlichen Kunden stammen, ohne angemessene Maßnahmen zur Überprüfung zu ergreifen. Der Gesetzgeber verbietet die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen sowie die falsche Darstellung solcher Bewertungen oder Empfehlungen in sozialen Medien.
Irreführende Werbung und Beispiele
- „Garantiert echte Meinungen“: Irreführend, wenn nicht alle positiven und negativen Meinungsäußerungen ungefiltert veröffentlicht werden (BGH GRUR 2016, 828 – Kundenbewertungen im Internet).
- Werbung mit nicht authentischen Bewertungen: Irreführend, wenn Meinungen nicht von tatsächlichen Käufern stammen (OLG Hamburg WRP 2019, 948).
- Weiterverwendung nicht mehr aktueller Bewertungen: Irreführend, wenn ein Restaurantbetreiber nach einem Franchise-Wechsel alte Bewertungen weiterverwendet (OLG Frankfurt WRP 2018, 1107).
- Werbung mit bezahlten Bewertungen: Diese Praxis ist irreführend, da sie den Anschein der Objektivität fälscht (OLG Frankfurt WRP 2019, 1041).
19. Irreführende Werbung durch Werbung mit Umweltverträglichkeit
Wenn Sie in Ihrer Werbung Umweltzeichen oder Hinweise auf Umweltverträglichkeit verwenden, müssen diese Informationen korrekt und nicht irreführend sein. Unternehmen müssen transparent darlegen, wie sie sicherstellen, dass ihre Produkte umweltfreundlich sind und Umweltzeichen nur korrekt verwendet werden.
Es ist irreführende Werbung, wenn Werbung zu falschen Annahmen über die Umweltverträglichkeit eines Produkts führt. Die Umweltwerbung kann irreführend sein, wenn Angaben wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“ nicht durch objektive und überprüfbare Kriterien unterstützt werden. Ebenso ist es irreführend, mit Umweltzeichen zu werben, ohne die entsprechenden Standards zu erfüllen.
Begriffe wie „umweltfreundlich“, „umweltschonend“, „umweltgerecht“ oder „umweltbewusst“ haben keine fest umrissene Bedeutung und können verschiedene Erwartungen und Emotionen bei den Verbrauchern hervorrufen. Bei der Beurteilung einer möglichen Irreführung kommt es darauf an, wie der durchschnittlich aufmerksame und verständige Verbraucher eine umweltbezogene Werbeaussage versteht.
Der verständige Verbraucher weiß, dass es keine absolute Umweltfreundlichkeit gibt. Wenn eine Werbung jedoch eine Aussage wie „umweltfreundlich“ macht, versteht der Verbraucher dies so, dass das beworbene Produkt oder die Dienstleistung in wesentlichen Aspekten umweltfreundlich ist. Eine solche Aussage ist zulässig, solange sie der Wahrheit entspricht. Gegen § 5 des UWG wird verstoßen, wenn die produktbezogene Angabe irreführend ist. Irreführende Werbung kann auch in diesem Bereich mit einer Abmahnung geahndet werden.
20. Irreführung durch Hinweis auf „Klimaneutralität“
Die Werbung mit der Behauptung, ein Produkt sei klimaneutral, ist im Kontext des Klimaschutzes zu beurteilen. Gemäß § 2 Nr. 9 des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) bedeutet „Netto-Treibhausgasneutralität“ ein Gleichgewicht zwischen den Emissionen von Treibhausgasen und deren Abbau durch Senken wie Wälder und Gewässer.
Die Behauptung, ein Produkt sei klimaneutral, kann sich auf unterschiedliche Aspekte beziehen:
- Produkt- oder Unternehmensbezogen: Bezieht sich die Klimaneutralität auf ein bestimmtes Produkt oder das gesamte Unternehmen?
- Herstellungsprozess oder Vertrieb: Bezieht sich die Aussage auf den Herstellungsprozess oder auch auf die Beschaffung von Rohstoffen und den Vertrieb?
- Emissionen oder Kompensation: Wird Klimaneutralität durch Verringerung von Emissionen oder durch Kompensation, z. B. durch Aufforstungsprogramme, erreicht?
Je allgemeiner die Behauptung von Klimaneutralität ist, desto größer ist das Risiko einer Irreführung. Daher sollten Sie die Grundlage für ihre Behauptungen klar und verständlich machen. Wenn zum Beispiel Fleischprodukte oder Marmelade als „klimaneutral“ beworben werden, weil Emissionen durch Aufforstungsprojekte ausgeglichen werden, muss dies in der Werbung klar angegeben werden, um zu verhindern, dass Verbraucher denken, die Produkte würden emissionsfrei hergestellt.
Beispiele für irreführende Werbung
- „CO2-reduziert“: Muss genauer erklärt werden, um keine Irreführung zu erzeugen (OLG Hamm WRP 2021, 1489).
- Investmentfonds mit „CO2-Reduktion“: Irreführend, wenn die Angaben nicht präzise und die Ziele auch unterschritten werden können (LG Stuttgart KlimR 2022, 99).
- Wenn Werbung auf besondere Eigenschaften eines Produkts hinweist, die Umweltverträglichkeit suggerieren (z.B. Recyclingfähigkeit), müssen diese Eigenschaften auch tatsächlich gegeben sein. Eine Aussage wie „recyclingfähig und damit umweltfreundlich“ ist irreführende Werbung, wenn eine Wiederverwertung der Produkte nicht stattfindet (OLG Köln NJW-RR 1993, 754).
- Papierprodukte mit der Angabe „aus Altpapier“: Wenn das Produkt nicht zu 100% aus Altpapier besteht, kann dies gegen § 5 UWG verstoßen (BGH GRUR 1991, 546).
- Düngekeile mit „biologisch düngen“: Irreführend, wenn nicht klar ist, in welchem Maße das Produkt tatsächlich biologisch ist (OLG Frankfurt GRUR 1989, 358).
- Negative Beschaffenheitsangabe wie „PVC-frei“: Wenn die Werbung nur darauf hinweist, aber nicht auf andere Nachteile des Produkts, ist die Angabe nicht irreführend (BGH GRUR 1996, 985 (986)).
21. Irreführende Werbung durch Werbung mit Umweltzeichen
Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 66/2010 über das EU-Umweltzeichen können in der EU verfügbare Produkte, die bestimmte Umweltstandards erfüllen, ein entsprechendes Umweltzeichen erhalten. Die Mitgliedstaaten legen Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung fest. Unberechtigte Nutzung eines Umweltzeichens kann als Rechtsbruch nach § 3a UWG gelten.
Nur Produkte, die tatsächlich die erforderlichen Umweltkriterien erfüllen, dürfen mit einem Umweltzeichen beworben werden. Ein Beispiel ist das Umweltzeichen „Blauer Engel“, das dem Hersteller nach Prüfung durch eine unabhängige Jury verliehen wird.
Bei der Werbung mit einem Umweltzeichen muss der genaue Grund für die Verleihung klar und korrekt dargestellt werden. Irreführend wäre beispielsweise die Werbung für ein Produkt als „umweltfreundlich“, wenn es diese Eigenschaften nicht aufweist oder nicht die erforderlichen Kriterien erfüllt.
Auch bei unternehmenseigenen Umweltzeichen (z.B. einem „Bio“-Logo) darf kein Eindruck erweckt werden, dass es von einer unabhängigen dritten Stelle vergeben wurde, wenn dies nicht der Fall ist.
Wenn ein Umweltzeichen in der Werbung verwendet wird, muss der Grund für die Verleihung korrekt angegeben werden. Ohne klaren Hinweis auf die Grundlage für das Umweltzeichen kann die Werbung als irreführende Werbung gelten.
Wenn ein Händler das Umweltzeichen des Herstellers für die eigene Werbung verwendet, muss er den Grund für die Auszeichnung offenlegen. Dies gilt auch, wenn das Umweltzeichen in einer Prospektwerbung oder auf Schildern an Regalen verwendet wird.
22. Irreführende Werbung durch Werbung mit Wirkaussagen
a) Anforderungen und Einschränkungen bei Gesundheitswerbung
Gesundheitsbezogene Werbeaussagen müssen besonders genau und klar sein, da sie stark wirken und das Rechtsgut Gesundheit betreffen (BGH GRUR 2002, 182 – Das Beste jeden Morgen). Aufgrund ihrer hohen Werbewirkung gelten strenge Regeln, insbesondere in der Werbung für Lebensmittel, wo Aussagen zur Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten generell verboten sind (§ 11 I Nr. 2 LFGB iVm Art. 7 III LMIV, Art. 10 Health-Claims-VO).
Die unzutreffende Behauptung, ein Produkt könne Krankheiten heilen, gehört zu den geschäftlichen Handlungen, die unter allen Umständen unlauter und damit irreführende Werbung sind (Anhang Nr. 17 zu § 3 III UWG).
Neben dem allgemeinen UWG gibt es spezielle Irreführungsverbote in verschiedenen Gesetzen:
- Arzneimittelgesetz (AMG): Werbung für Arzneimittel ist irreführend, wenn ihnen therapeutische Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben, oder wenn ein Erfolg garantiert wird (§ 8 I Nr. 2 AMG).
- Heilmittelwerbegesetz (HWG): Entspricht in vielen Punkten dem AMG. Die Verwendung des Begriffs „Heilstollen“ für einen Schieferstollen ohne Heilwirkung ist zum Beispiel verboten (OLG Hamm GRUR-RR 2009, 186).
- Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB): Verbietet Werbung, die auf Heilwirkung oder Krankheitsbezug hinweist, unabhängig davon, ob diese Aussagen irreführend sind (§ 11 I Nr. 2 LFGB iVm Art. 7 III LMIV).
- Kosmetik-Verordnung: in der Kosmetik-VO wird bei Werbung für Kosmetika eine klare Unterscheidung zwischen tatsächlichen und vorgetäuschten Eigenschaften gefordert. Werbeaussagen müssen hinreichend und überprüfbar sein, um den Vorgaben der VO (EU) 655/2013 zu entsprechen.
b) Wissenschaftliche Belege
Eine gesundheitsbezogene Werbeaussage muss wissenschaftlich abgesichert sein, um keine Irreführung zu riskieren. Aussagen, die auf eine Studie gestützt werden, müssen die Grundsätze wissenschaftlicher Forschung einhalten und klar erklären, wenn es Einschränkungen oder Besonderheiten gibt (BGH GRUR 2013, 649 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil; GRUR 2021, 513 – Sinupret).
Die Darlegungs- und Beweislast für wissenschaftliche Absicherung kann auf den Werbenden übergehen, insbesondere wenn eine Werbeaussage auf eine Studie gestützt wird, die einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie entspricht.
c) Unzulässige Angaben bei Anpreisung eines medizinischen Erfolgs:
- Medizinische Wirkung muss nachweisbar sein: Irreführung liegt vor, wenn ein „medizinisches Badesalz“ beworben wird, das die behauptete Wirkung nur in viel höheren Konzentrationen zeigt (OLG Jena WRP 2000, 1424).
- Keine Heilwirkung ohne Beleg: Die Werbung für „wunderbares Wasser aus Lourdes“ und ein „wunderbares Maya-Kreuz“ ist unzulässig, wenn sie Heilwirkungen verspricht (OLG Frankfurt WRP 1981, 467).
- Irreführende Aussagen zu Nahrungsergänzungsmitteln: Die Behauptung, ein Vitaminpräparat sei notwendig, um ausreichend Vitamin H zu erhalten, ist irreführend, wenn eine normale Ernährung ausreichende Mengen liefert (BGH GRUR 1998, 1052 – Vitaminmangel).
- Therapieaussagen: Werbung für ein Arzneimittel als „Basistherapie bei Osteoporose“ ist unzulässig, wenn das Medikament nur unterstützend wirkt (OLG Hamburg NJOZ 2004, 403).
- Heilende Wirkungen von Osteopathie und anderen alternativen Therapien: Irreführung wird angenommen, wenn keine wissenschaftlichen Belege für die behaupteten heilenden oder schmerzlindernden Wirkungen vorliegen (KG WRP 2016, 389).
- Reißerische oder unwahre Behauptungen: Die Behauptung, ein bestimmtes Mittel töte Kopfläuse „100%ig“ in wenigen Minuten, ist unzulässig, wenn dies nicht stimmt (OLG Köln GRUR-RR 2009, 189).
- Irreführende Verwendung pharmazeutischer Hinweise: Die Angabe „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ ist irreführend für Nahrungsergänzungsmittel, da es den Eindruck vermittelt, dass die Produkte Arzneimittel sind (OLG Dresden WRP 2019, 636).
d) Irreführende Werbung für Anti-Aging-Produkte und Cellulite Behandlungen
- Antifalten-Creme: Der Verbraucher erwartet, dass eine Antifalten-Creme vorhandene Falten zumindest teilweise reduziert. Wenn die Werbung diesen Eindruck vermittelt, muss die Creme diese Erwartungen auch erfüllen (OLG Hamburg WRP 1988, 411).
- „Lifting Creme“: Wenn eine Hautcreme als „Lifting Creme“ beworben wird, werden Assoziationen an das operative Liften geweckt. Dies kann bei den Verbrauchern die Erwartung erzeugen, dass der Effekt zumindest länger als 24 Stunden andauert (BGH GRUR 1997, 537 – Lifting Creme). Der EuGH hat diese Erwartungshaltung bestätigt und die Prüfung der genauen Wirkung den nationalen Gerichten überlassen (EuGH GRUR-Int. 2000, 354 – Lifting Creme).
- Anti-Cellulite-Gel: Wird ein Mittel gegen Zellulitis mit Aussagen wie „Problemzonen und Pölsterchen wirken sichtbar vermindert“ und „strafft die Haut“ beworben, erweckt dies die Erwartung einer tatsächlichen Straffung oder Reduzierung von Cellulite. Diese Behauptungen müssen daher belegt sein (OLG Köln GRUR 2000, 154).
- Fettabbau-Werbung: Die Werbung für ein Produkt mit der Aussage, dass es den Fettabbau in mehreren Stufen stimuliert und in Energie umwandelt, ist irreführend, wenn sie den Eindruck erweckt, der Fettabbau sei garantiert (OLG Hamburg GRUR 1999, 83).
- Dauerhafter Therapieerfolg: Die Werbung für ein Gerät zur Cellulite-Behandlung, das angeblich dauerhafte Ergebnisse erzielt, muss diese Erwartungen erfüllen. Eine Werbung, die den Eindruck einer dauerhaften Wirkung vermittelt, kann als irreführend gelten (KG WRP 2016, 392).
23. Irreführung durch Geografische Herkunftstäuschung
Geografische Herkunftsangaben sind Bezeichnungen von Orten, Regionen oder Ländern sowie andere Hinweise oder Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geografischen Herkunft von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Diese Fälle werden insbesondere im § 126 I MarkenG definiert.
Nach § 5 II Nr. 1 UWG ist bei der Beurteilung, ob eine irreführende Werbung vorliegt, insbesondere die Angabe über die geografische Herkunft relevant. Diese Formulierung basiert auf Art. 3 lit. a RL 84/450/EWG. Irreführende Angaben über die geografische Herkunft einer Ware sind unlauter und können zu wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen gemäß §§ 8–10 UWG führen.
Seit Inkrafttreten des MarkenG am 1. Januar 1995 genießen geografische Herkunftsangaben erweiterten Schutz gemäß §§ 126 ff. MarkenG. Diese Bestimmungen wurden früher als wettbewerbsrechtlich angesehen, da geografische Herkunftsangaben keinem bestimmten Rechtsträger zugeordnet sind. Der BGH sieht die Regelungen der §§ 126 ff. MarkenG inzwischen als kennzeichenrechtlich an, insbesondere aufgrund der Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG. Schadensersatzansprüche können nach § 128 II 1 MarkenG nur berechtigte Nutzer der geografischen Herkunftsangabe geltend machen, nicht jedoch Mitbewerber.
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Verwendung nicht mehr existierender Ortsangaben als Irreführung
Das UWG bleibt für Fälle relevant, die von den §§ 126 ff. MarkenG nicht abgedeckt sind, insbesondere bei geografischen Herkunftstäuschungen. Ein Beispiel hierfür ist die Verwendung von Ortsnamen, die nicht mehr existieren.
Beispiel: Die Bezeichnung „Rügenwalder Teewurst“ wurde für Produkte verwendet, die ursprünglich aus dem ehemals deutschen Ort Rügenwalde in Hinterpommern stammen. Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus diesem Gebiet wurde der Name von Herstellern verwendet, die ihre Produktion an einem neuen Standort fortsetzten. Der BGH entschied, dass die Verwendung des Ortsnamens irreführend sein kann, wenn der Verkehr daraus auf einen bestimmten Herstellerkreis schließt und dieser Herstellerkreis heute nicht mehr existiert (BGH GRUR 1995, 354 – Rügenwalder Teewurst II).
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Verwendung von scheingeografischen Angaben als irreführende Werbung
5 UWG bleibt auch anwendbar auf scheingeografische Angaben. Das sind Bezeichnungen, die vom Verbraucher fälschlicherweise als geografische Herkunftsangaben interpretiert werden, obwohl sie eigentlich Fantasienamen sind.
Beispiel: Der Name „Fürstenthaler“ wurde vom BGH als scheingeografische Angabe beurteilt, die nicht als Fantasiename, sondern fälschlicherweise als geografische Herkunftsangabe verstanden wurde (BGH GRUR 1980, 173 – Fürstenthaler).
24. Irreführende Werbung durch Werbung mit betrieblicher Herkunft
Eine betriebliche Herkunftsangabe liegt vor, wenn der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher in einer Bezeichnung einen Hinweis auf eine bestimmte Herkunftsstätte sieht. Eine betriebliche Herkunftsangabe kann auf ein oder mehrere Unternehmen hinweisen, sofern ein konzernmäßiger Zusammenhang besteht, der eine einheitliche Herstellung gewährleistet. Fehlt dieser Zusammenhang, fehlt es an der Voraussetzung einer individualisierenden und identifizierenden Angabe.
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Bedeutung von Zusätzen wie „echt“ oder „original“
Bezeichnungen, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Angabe über die betriebliche Herkunft verstanden werden, erhalten durch Zusätze wie „echt“ oder „original“ meist einen verstärkten Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb (RG GRUR 1939, 486). Irreführend ist die Angabe „Düssel nur aus der Hirschbrauerei“, wenn „Düssel“ auch von anderen Brauereien gebraut wird (BGH GRUR 1964, 458).
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Individualisierende Charakter von Herkunftsbezeichnungen
Auch wenn der durchschnittlich informierte Verbraucher den individualisierenden Charakter einer Herkunftsbezeichnung nicht kennt, kann eine Bezeichnung durch Zusätze wie „echt“ oder „original“ als Herkunfts- oder Beschaffenheitsangabe verstanden werden. Ein Angebot von Waren mit dem Zusatz „Exklusiv bei …“ wird als Hinweis verstanden, dass diese Waren ausschließlich bei dem Werbenden erhältlich sind (OLG Koblenz WRP 1987, 326).
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Irreführende Werbung durch ähnliche Herkunftsangaben
Die Verwendung einer ähnlichen Herkunftsangabe kann ausreichen, wenn sie die Gefahr einer Verwechslung auslöst, die die beteiligten Verkehrskreise über die Identität der Unternehmen oder das Bestehen wirtschaftlicher oder organisatorischer Zusammenhänge irreführt. Dies kann zur Übertragung von Gütevorstellungen führen. Ein Beispiel ist die Bezeichnung „White Horse“, die ursprünglich für Whisky verwendet wurde und deren Gütevorstellung auf Kosmetika übertragen wurde, was Verwechslungsgefahr und Irreführung über die betriebliche Herkunft zur Folge hatte (BGH GRUR 1966, 267).
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Schutz bekannter Marken
Heutzutage würde ein Fall wie der von „White Horse“ für Rasierwasser über den Schutz der bekannten Marke (§ 14 II Nr. 3 MarkenG) gelöst werden. Wenn die Verwendung einer bekannten Marke für ein anderes Produkt eine Verwechslungsgefahr darstellt, liegt eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der bekannten Marke vor.
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Irreführung bei qualifizierten Herkunftsangaben
Bei Herkunftsangaben, die mit einer besonderen Gütevorstellung verbunden sind (qualifizierte Herkunftsangaben), ist eine Irreführung nicht ausgeschlossen, auch wenn der Berechtigte diese Verwendung gestattet. Bei Produktnamen (Marken) ist eine Irreführung in der Regel nicht gegeben, bei geschäftlichen Bezeichnungen hingegen muss auf die Fehlvorstellungen des Verkehrs Rücksicht genommen werden.
25. Irreführende Werbung durch Werbung mit Testergebnissen
Grundsätzlich ist die Werbung mit aktuellen Testergebnissen für Produkte, die den getesteten entsprechen und nicht technisch überholt sind, nicht irreführend, sofern die Auszeichnung von einem Dritten in einem seriösen Verfahren vergeben wurde und nicht erschlichen ist (BGH GRUR 2019, 631 Rn. 68 – Das beste Netz).
Lizenzbedingungen der Stiftung Warentest zielen darauf ab, dass Untersuchungsergebnisse nicht verwendet werden dürfen, um den Verbrauchern einen falschen Eindruck von der Überlegenheit einzelner Produkte zu vermitteln. Werbende müssen daher bestimmte Hinweispflichten beachten. Beispielsweise, wenn mit dem Testergebnis „gut“ geworben wird, muss darauf hingewiesen werden, dass viele Konkurrenzprodukte mit „sehr gut“ bewertet wurden (BGH GRUR 1982, 437 (438) – Test gut).
a) Umschreibung des Testergebnisses mit eigenen Worten
Wenn der Werbende das Testergebnis oder Testsiegel mit eigenen Worten umschreibt, ist dies irreführende Werbung, wenn dadurch die Aussage des Testergebnisses zu seinen Gunsten verändert wird. Gibt die Werbung jedoch den Inhalt des Testergebnisses oder Testsiegels korrekt wieder, ist es laut Wettbewerbsrecht unerheblich, ob Teile des Verkehrs dieser Wiedergabe unzutreffende Vorstellungen über den Gegenstand oder das Ergebnis des Tests entnehmen (BGH GRUR 2019, 631 Rn. 69 – Das beste Netz). Um jede Täuschung des Verkehrs über das Testergebnis zu vermeiden, empfiehlt es sich, das Testergebnis nicht mit eigenen Worten wiederzugeben, da dies meistens den Eindruck vom Testergebnis zugunsten des Werbenden verschiebt.
b) Negative Testergebnisse
Der Werbende muss nicht auf negative Testergebnisse hinweisen, auch wenn er für andere von ihm angebotene Produkte auf ein positives Testergebnis hinweist. Zum Beispiel ist es unbedenklich, wenn eine Krankenversicherung für ihre Zusatzversicherung mit einem „sehr gut“ Testergebnis der Stiftung Warentest wirbt, obwohl die Vollversicherung bei einem Test mit „mangelhaft“ bewertet wurde (OLG München VersR 2000, 909).
c) Fokussierung auf spezifische Testkategorien
Es ist zulässig, dass sich ein Hersteller auf die Wiedergabe einer Testkategorie beschränkt, in der er besonders gut abgeschnitten hat, solange damit nicht ein schlechtes Gesamtergebnis kaschiert wird. Beispiel: Die Werbung für eine Kaffeemaschine mit „Sehr gut für Kaffeearoma“ war nicht irreführend, obwohl das Gerät insgesamt mit „gut“ bewertet wurde (OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 286).
e) „Testsieger“-Bezeichnung und irreführende Werbung
Die Bezeichnung „Testsieger“ ist nicht irreführend, wenn das beworbene Produkt tatsächlich die beste Bewertung erreicht hat, selbst wenn das Prädikat „Testsieger“ nicht offiziell verliehen wurde (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2016, 208).
d) Werbung mit älteren Testergebnissen als Irreführung?
Es handelt sich um irreführende Werbung, wenn die Testergebnisse durch eine neuere Untersuchung oder durch eine erhebliche Veränderung der Marktverhältnisse überholt sind (vgl. BGH GRUR 2019, 631 Rn. 68 – Das beste Netz). Eine Werbung mit älteren Testergebnissen ist jedoch unbedenklich, wenn der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung erkennbar gemacht wird, keine neueren Prüfungsergebnisse vorliegen und die Produkte technisch nicht überholt sind (BGH WRP 2014, 67 Rn. 8 – Testergebnis-Werbung für Kaffee-Pads).
e) Werbung ohne Angabe der Testfundstelle als irreführende Werbung
Wenn ein Unternehmen mit einem Testergebnis wirbt, müssen Verbraucher ohne weiteres in der Lage sein, die Angaben über den Test nachzuprüfen. Dies setzt voraus, dass eine Fundstelle für den Test angegeben wird. Diese Angabe muss für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar sein.
Die Grundsätze gelten auch für die Wiedergabe eines als solches erkennbaren Testsiegels auf der Produktabbildung in einem Werbeprospekt. Bei einer Internetwerbung mit einem Testergebnis muss entweder der Hinweis auf die Fundstelle deutlich auf der ersten Bildschirmseite der Werbung zu finden sein oder der Verbraucher muss durch einen deutlichen Sternchenhinweis zu der Fundstellenangabe geführt werden. Auch hier kann eine irreführende Werbung mittels Abmahnung unterbunden werden.
26. Irreführende Werbung als Werbung mit Preisgestaltung
a) Preisschaukelei
Unternehmer dürfen grundsätzlich frei ihre Preise festlegen und diese nach Belieben anpassen, ohne an objektive Marktwerte gebunden zu sein. Preisschaukelei, das wiederholte und systematische Hoch- und Herabsetzen von Preisen zur Verschleierung von Mondpreisen, ist jedoch nicht erlaubt. Dies kann Verbraucher irreführen oder verunsichern und sie möglicherweise zu Vorratskäufen verleiten.
Kurzfristige Preisänderungen oder die Teilweise-Angabe höherer Preise in Werbung sind üblicherweise unproblematisch. Jedoch ist es unzulässig, Verbraucher durch den Eindruck einer baldigen Preiserhöhung zu einem sofortigen Kauf zu drängen. Werbung mit flexiblen Preisen, wie „Wir lassen darüber auch mit uns reden“, verstößt jedoch in der Regel nicht gegen die Gesetze gegen unlauteren Wettbewerb.
b) Preisspaltung
Eine Preisspaltung, bei der dieselbe Ware im selben Geschäft zu unterschiedlichen Preisen angeboten wird, ohne darauf hinzuweisen, ist in der Regel unlauter. Kunden gehen zu Recht von einer einheitlichen Preisauszeichnung aus.
Beispiele und rechtliche Rahmenbedingungen
- Eine Preisspaltung zwischen Verkaufsständen im Geschäft, die Kunden zum Kauf zu unterschiedlichen Preisen verleiten soll, ist irreführende Werbung.
- Eine Preisdifferenzierung zwischen stationärem Handel und Onlineshop kann irreführende Werbung sein, wenn der Eindruck erweckt wird, dass die Ware online zum gleichen Preis erhältlich ist.
- Es gibt kein generelles Verbot der Preisdifferenzierung, aber es muss klar auf besondere Angebote oder Preisunterschiede hingewiesen werden.
- Die Verwendung einer Marke kann den Preis beeinflussen, daher ist der Verkauf derselben Ware unter einer anderen Marke zu einem niedrigeren Preis nicht notwendigerweise eine Irreführung.
c) Divergierende Preisankündigung
Divergierende Preisankündigung bezieht sich auf unterschiedliche Preisaussagen in verschiedenen Werbeaussagen, obwohl tatsächlich nur ein Preis verlangt wird. Wenn der höhere Preis gefordert wird, während in der Werbung ein niedrigerer Preis angekündigt wird, ist die Werbeaussage irreführend. Auch wenn der Werbende sich nach Beanstandung durch den Kunden bereit erklärt, nur den niedrigeren Preis zu berechnen, bleibt die irreführende Werbeaussage bestehen. Wenn jedoch generell nur der niedrigere Preis verlangt wird, ohne Rücksicht auf höhere Preisauszeichnungen, liegt keine Irreführung vor.
Ein Beispiel sind Preissuchmaschinen im Internet, wo Preisdivergenzen auftreten können, wenn der Anbieter den Preis erhöht, aber die Preissuchmaschine die Aktualisierung verzögert durchführt. Der Anbieter ist für die irreführende Preisangabe verantwortlich und sollte sicherstellen, dass alle von ihm genutzten Suchmaschinen die Preisänderung nachvollzogen haben, bevor der höhere Preis verlangt wird. Bei unzureichenden oder irreführenden Preisangaben ist der Händler verantwortlich, wenn er die Preisangaben an den Betreiber der Suchmaschine weitergegeben hat und dieser sie unverändert veröffentlicht hat.
d) Übertreibungen
Bei Werbeaussagen über die Preisgestaltung sind Übertreibungen üblich, aber sie müssen im Kern wahrheitsgemäß sein. Wenn Begriffe wie „Sparpreis“, „Preisbrecher“, oder „Superpreise“ verwendet werden, müssen die Produkte tatsächlich preisgünstig angeboten werden. Ähnlich gilt für Ausdrücke wie „irre Preise“, „billig“ oder „Wahnsinnspreise“.
27. Irreführung bei Lockvogelwerbung
Lockvogelwerbung ist ein spezieller Fall irreführender Werbemaßnahmen, der durch das Verbot der Irreführung über die Vorratshaltung gemäß Anhang Nr. 5 zu § 3 III des UWG reguliert wird. Hierbei locken Unternehmen Kunden mit extrem niedrigen Preisen für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen an. Dieses Lockangebot ist jedoch oft nur in sehr begrenzter Menge vorhanden oder überhaupt nicht verfügbar. Diese Praxis zielt darauf ab, Kunden in das Geschäft zu locken, in der Hoffnung, dass sie stattdessen teurere Artikel kaufen oder andere Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Es handelt sich also um eine Form der Irreführung, bei der die beworbenen Angebote bewusst knapp gehalten werden, um die Kunden zum Kauf anderer, profitablerer Artikel zu verleiten.
28. Preiswerbung und Irreführung
Die Bezugnahme auf kartellrechtlich zulässige, unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) des Herstellers ist grundsätzlich zulässig. Einzelhändler dürfen in ihren Preisankündigungen wahrheitsgemäß auf eine UVP verweisen, um das eigene Angebot als preisgünstig darzustellen. Eine solche Werbung ist jedoch irreführend, wenn sie nicht eindeutig als unverbindliche Preisempfehlung gekennzeichnet ist, wenn die Empfehlung nicht ernsthaft kalkuliert wurde, wenn der empfohlene Preis nicht mehr aktuell ist, oder wenn die Bezugnahme auf die UVP nicht klar und deutlich erfolgt. Irreführend ist zudem eine „Preisempfehlung“, die vom Werbenden selbst stammt, da der Verbraucher unter einer unverbindlichen Preisempfehlung die Empfehlung eines Dritten versteht.
a) Werbung mit Listenpreisen oder Katalogpreisen
Listen- oder Katalogpreise können gebundene, empfohlene oder frühere eigene Preise des Händlers sein. Eine Bezugnahme auf den „Listenpreis“ oder „Katalogpreis“ kann irreführend sein, es sei denn, der Werbende spezifiziert genau, um welchen Preis es sich handelt. Eine Irreführung entfällt, wenn jede mögliche Interpretation wahr ist, d.h., der empfohlene Preis und der bisherige Eigenpreis mindestens dem „Listenpreis“ entsprechen. Irreführung liegt vor, wenn ein Listenpreis gar nicht existiert oder der Eindruck erweckt wird, es werde ein Vorzugspreis gewährt, obwohl der Preis allgemein gilt. Unternehmer können mehrere Preislisten für verschiedene Kundengruppen führen und von diesen abweichen, solange sie nicht fälschlich behaupten, nur eine Preisliste zu verwenden. Eine solche Praxis darf nicht den Eindruck erwecken, nur nach einer Preisliste zu verkaufen, während in Wirklichkeit unterschiedliche Preislisten genutzt werden.
b) Werbung mit Preisen der Konkurrenz
Für die Werbung mit Preisen der Konkurrenz gelten die Regelungen zur vergleichenden Werbung gemäß § 6 und § 5 IV Alt. 1. Preise müssen dabei wahrheitsgemäß und nicht irreführend sein. Ein Preisvergleich ist irreführend, wenn:
- Er sich auf nicht vergleichbare Produkte bezieht (§ 6 II Nr. 1).
- Es zwischen den verglichenen Produkten wesentliche Qualitätsunterschiede gibt.
- Die Vergleichsgrundlage nicht klar ist.
- Die preisrelevanten Konditionen der Wettbewerber nicht deutlich gemacht werden.
Zulässige Werbeaussagen müssen sämtliche Waren der beworbenen Kategorie günstiger als die Konkurrenz anbieten und klar machen, dass der angegebene Höchstsatz bei einem relevanten Teil der Waren erreicht wird.
c) Eigenpreisgegenüberstellung:
Werbende stellen oft ihre aktuellen Preise den früheren, höheren Preisen gegenüber, indem sie den alten Preis durchstreichen und den neuen, niedrigeren Preis daneben setzen. Der Durchschnittsverbraucher versteht dies als Preissenkung im Vergleich zu einem zuvor geforderten Preis.
Unternehmen sind in ihrer Preisgestaltung grundsätzlich frei und können ihre Preise beliebig ändern. Werbung mit Preissenkungen ist im Allgemeinen wettbewerbskonform, solange die potenziellen Abnehmer nicht irregeführt werden.
Irreführend sind Preisgegenüberstellungen, wenn der Preis systematisch herauf- und herabgesetzt wird, um eine Preissenkung vorzutäuschen, oder wenn der frühere Preis nicht ernsthaft gefordert wurde. Dies umfasst:
- Niemals geforderte frühere Preise.
- Preise, die nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert wurden.
- Preise, die nicht unmittelbar vor der Preissenkungsankündigung gefordert wurden.
- Unklare oder ungenaue Preissenkungswerbung.
d) Fordern des ursprünglichen Preises lediglich für eine unangemessen kurze Zeit (§ 5 V)
Missbrauch bei Preisherabsetzungswerbung entsteht, wenn kurzzeitig sogenannte Mondpreise (unrealistisch hohe Preise) gefordert werden, um dann mit einer scheinbaren Preissenkung zu werben. Die Angemessenheit der Zeitspanne, in der der höhere Preis gefordert wurde, hängt von der Art der Ware und der Marktsituation ab. Beispiele:
Der höhere Referenzpreis muss unmittelbar vor der Preissenkung gegolten haben. Werbung ist irreführend, wenn Preise unmittelbar vor einer Aktion erhöht werden, um dann angeblich gesenkt zu werden. Unternehmen müssen klar auf Ausnahmen hinweisen, wenn Sonderpreise nicht in eine Rabattaktion einbezogen sind.
Die Dauer, wie lange ein früherer Preis zur Preisgegenüberstellung verwendet werden kann, hängt von der Verkehrsauffassung eines durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbrauchers ab. Eine einheitliche Antwort oder feste Fristen gibt es nicht. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls, die Art der Ware oder Dienstleistung, die Verhältnisse des Unternehmens und die Marktsituation.
Bei Nahrungs- und Genussmitteln sowie Verbrauchsgütern ist die zulässige Zeitspanne meist kurz (4–10 Wochen) als bei langlebigen Gütern. Die Art der Werbung (Zeitungsanzeige, Prospekt oder Katalog) spielt ebenfalls eine Rolle, da in Zeitungsanzeigen aktuelle Informationen erwartet werden, während Kataloge für längere Zeiträume gültig sind. Formulierungen wie „ab sofort“ oder „jetzt“ deuten auf eine aktuelle Preissenkung hin und sind irreführend, wenn die Preissenkung bereits drei Wochen vorher erfolgt ist. Es ist auch irreführend, wenn ein Händler im August eine erhebliche Preissenkung bewirbt, die bereits im Frühjahr angeboten wurde und später wieder auf den höheren Preis zurückkehrte (KG GRUR 1999, 769)
e) Irreführung über den Umfang der Preisherabsetzung
Die Werbung muss klar machen, welche Preise für welche Waren oder Dienstleistungen gesenkt wurden. Wenn alle Waren bis zu 20% reduziert sind und dies klar kommuniziert wird, liegt keine Irreführung vor. Es wäre jedoch irreführend, wenn nur wenige unwichtige Artikel diese maximale Reduktion erreichen würden.
Die Preissenkung muss sich auf dieselbe Ware oder Dienstleistung beziehen. Bei Gattungswaren wird die Preissenkung auf alle vergleichbaren Waren bezogen. Irreführend ist es, wenn ein Produkt als „25% billiger“ beworben wird, das bisher nicht hergestellt wurde. Bei beschädigten oder veralteten Waren muss die Preissenkung klar deklariert werden. Rückgang der Nachfrage allein macht eine Preisgegenüberstellung nicht irreführend, wenn der frühere Preis nicht nur kurzzeitig galt und die Ware vergleichbar ist.
29. Irreführende Werbung durch Preisgarantie
Eine Preisgarantie verkündet, dass ein Anbieter den niedrigsten Preis bietet und verspricht, die Differenz zu einem günstigeren Preis eines Konkurrenten zu erstatten oder ein Rückgaberecht zu gewähren. Preisgarantien sind nicht problematisch, solange sie nicht irreführend sind. Unternehmen dürfen grundsätzlich ihre Preise gestalten und auch unterbieten. Problematisch wird es, wenn eine Preisgarantie einen erheblichen Preisvorteil vor Wettbewerbern ankündigt, da dies oft nur für finanzstarke Unternehmen möglich ist und andere Wettbewerber benachteiligen könnte. Allerdings hat der BGH solche Werbemaßnahmen nicht grundsätzlich beanstandet, wenn keine Absicht besteht, Wettbewerber auszuschließen (BGH GRUR 2009, 416).
Irreführend ist eine Preisgarantie, wenn die Bedingungen so gestaltet sind, dass Kunden sie praktisch nie in Anspruch nehmen können. Zum Beispiel, wenn ein Optiker eine Preisgarantie an den Kauf und Nachweis einer günstigeren Brillenfassung knüpft, wird dies selten genutzt, da der Aufwand im Verhältnis zum Preis gering ist (OLG Hamburg WRP 1984, 32). Einschränkungen der Garantie müssen klar kommuniziert werden.
Preisgarantien dürfen nur unter strengen Bedingungen verwendet werden:
- Marktbeobachtung und Spitzengruppe: Der Werbende muss aufgrund eigener Marktbeobachtung zur Annahme berechtigt sein, dass sein Preis konkurrenzfähig ist. Es ist irreführend, eine Preisgarantie zu werben, wenn der Werbende wissen müsste, dass sein Preis nicht der günstigste ist.
- Klare Bezeichnung der Ware: Die beworbene Ware oder Dienstleistung muss so klar bezeichnet sein, dass Kunden Vergleichsangebote leicht finden können. Der Kunde muss das Produkt nicht bei einem nahegelegenen Mitbewerber finden können, aber es sollte nicht zufällig oder nur selten auffindbar sein (BGH GRUR 1991, 468; GRUR 1994, 57).
- Nicht-exklusive Angebote: Die Garantie muss sich auf Waren oder Dienstleistungen beziehen, die auch von anderen Anbietern geführt werden und nicht exklusiv vom Werbenden angeboten werden. Eine „Geld-zurück“-Garantie auf exklusiv angebotene Brillenfassungen wurde beispielsweise als irreführend angesehen (BGH GRUR 1994, 57).
Preisgarantien werden oft für Waren im stationären Handel beworben und beziehen sich meist nur auf diesen und den lokalen Wirtschaftsraum. Ein Versandhändler, der mit einer „Geld-zurück“-Garantie wirbt, muss jedoch auch günstigere Angebote im Internet berücksichtigen.
30. Einzelfälle der Preiswerbung
a) Direktpreis
Der Direktpreis ist ein neuer Begriff, der aus dem Direktverkauf resultiert. Er impliziert, dass der Verbraucher von der Überspringung mindestens einer Absatzstufe profitiert. Dieser Begriff ist im Internet- und Versandhandel besonders verbreitet, da diese Vertriebsformen den positiven Klang des Begriffs „direkt“ für sich nutzen möchten.
b) Discountpreis
Wird mit „Discountpreisen“ geworben, versteht der Verbraucher dies so, dass die Preise generell niedriger als die üblichen Handelspreise sind (Richtwert 10%). Diese Art der Preisbemessung darf von jedem Händler genutzt werden, vorausgesetzt, der Verbraucher wird nicht irregeführt. Die Preisstellung muss tatsächlich günstiger sein.
Wenn ein Kaufmann seine Schaufensterware zu Discountpreisen anbietet, dies jedoch nicht für den Großteil seines Sortiments gilt, ist dies irreführend. Die Discountwerbung muss die Erwartungen an günstigere Preise hinsichtlich des gesamten Sortiments erfüllen. Wird nur ein Teil des Sortiments zu Discountpreisen angeboten, müssen diese Waren in speziellen Discount-Abteilungen zusammengefasst werden, und die Werbung muss dies klarstellen.
c) Durchgestrichener Preis
Wird ohne weitere Hinweise mit durchgestrichenen Preisen geworben, nimmt der Verkehr an, dass es sich um eigene (alte) Preise des Werbenden handelt. Im Online-Handel wird ein durchgestrichener Preis üblicherweise als zuvor im Online-Shop verlangter Preis verstanden. Die Werbung ist irreführend, wenn der durchgestrichene Preis tatsächlich der frühere Preis im Ladengeschäft war.
d) Feste Preise
Werbung mit „festen Preisen“ setzt voraus, dass keine zusätzlichen Zuschläge hinzukommen. Ist eine Verhandlung über den Preis möglich und kauft der Kunde ohne Preisnachlass, führt die Ankündigung „feste Preise“ zu Fehlvorstellungen. Allerdings fehlt die Relevanz des Irrtums, sofern von der ursprünglich angekündigten Festsetzung nur nach unten abgewichen wird.
Das Angebot einer ärztlichen Faltenreduktionsbehandlung „zum Festpreis“ ist irreführend, wenn zusätzliche Zuzahlungen erforderlich sind (LG Köln WRP 2020, 124). Auch Werbung mit „notariellen Festpreisen“ kann zu Fehlvorstellungen über besondere Zuverlässigkeit und Sicherheit führen (BGH GRUR 1990, 532 – Notarieller Festpreis).
e) Frühbucherrabatt
Frühbucherrabatte sind in vielen Branchen, wie bei Reiseveranstaltern oder Messeveranstaltungen, üblich und wettbewerbsrechtlich unproblematisch. Der Frühbucherrabatt wird normalerweise dem Normalpreis unter Angabe des Datums gegenübergestellt, ab dem der höhere Normalpreis zu zahlen ist. Die Frage der Irreführung stellt sich, wenn der Frühbucherrabatt nachträglich verlängert wird. Eine Verlängerung kann hingenommen werden, wenn sie sich im Rahmen hält, da aufgeklärte Verbraucher wissen oder es zumindest nicht für ausgeschlossen halten, dass der Rabatt bei schleppender Nachfrage verlängert wird. Wird der Rabatt jedoch immer wieder bis zur Veranstaltung verlängert, so dass der reguläre Preis nie gefordert wird, handelt es sich um eine irreführende Werbung mit einem Mondpreis.
f) Nettopreis, Bruttopreis
Die Werbung mit „Nettopreisen“, die die Mehrwertsteuer nicht enthalten, ist gegenüber Endverbrauchern unzulässig und irreführend. Sie ist nur zulässig, wenn sichergestellt ist, dass die Adressaten ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigte Personen sind.
Die Begriffe „Netto-Preis“ und „Brutto-Preis“ können unterschiedlich verstanden werden, z.B. als Preis ohne Abzüge bei Barzahlung oder Preis ohne Verpackungskosten. Der genaue Inhalt ergibt sich aus dem Kontext der Verwendung. Zur Vermeidung von Irreführungsgefahren sind unmissverständliche Hinweise erforderlich, wenn Zusatzkosten anfallen, deren Bewusstsein beim Verkehr nicht vorausgesetzt werden kann.
g) Normalpreis/ Regulärer Preis
Früher wurde der Begriff „Normalpreis“ als mehrdeutig angesehen. Heute versteht der Verkehr darunter den früheren Preis des werbenden Händlers. Der Normalpreis ist der Preis, den der Händler zuvor verlangt hat.
h) Probierpreis, Testpreis, Schnupperpreis
Die Begriffe „Probierpreis“, „Testpreis“ oder „Schnupperpreis“ sind im Allgemeinen nicht irreführend. Diese Begriffe vermitteln den Eindruck, dass es sich um günstige Preise handelt, um Verbraucher zum Ausprobieren des Produkts zu animieren. Eine Irreführung liegt nur vor, wenn die Vorstellung der Preisgünstigkeit enttäuscht wird.
i) Statt-Preis
Der Begriff „Statt-Preis“ wird als mehrdeutig angesehen, da er auf frühere Preise des Werbenden, empfohlene Preise des Herstellers oder allgemeine Marktpreise hinweisen kann. Zur Klarstellung, welche Preise gemeint sind, muss die Werbung präzisiert werden (BGH GRUR 1980, 306 – Preisgegenüberstellung III). Im Allgemeinen wird bei Werbung mit „Statt-Preisen“ angenommen, dass es sich um frühere Preise des Werbenden handelt.
j) Tiefpreis, Tiefstpreis, Dauertiefpreis, Höchstpreis
- Wird mit „Tiefpreisen“ geworben, müssen die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich preisgünstig angeboten werden, d.h. sie müssen im Bereich des unteren Preisniveaus.
- Eine „Tiefpreis-Garantie“ ist irreführend, wenn der Verkäufer das Produkt nicht zum Tiefpreis abgibt, sondern nur die Ware gegen Erstattung des Kaufpreises zurücknimmt.
- Bei Werbung mit „Tiefstpreisen“ müssen die geforderten Preise in der Spitzengruppe der Unternehmen liegen, die zu Discount-Preisen anbieten. Der Begriff wird nicht so verstanden, dass der Werbende der absolut billigste Anbieter ist.
- Wird der Begriff „Tiefpreis“ im Zusammenhang mit dem Hinweis „direkt ab Werk“ verwendet, darf der Preis nicht über dem Abgabepreis des Herstellers liegen.
- Bei „Dauertiefpreisen“ erwartet der Verkehr, dass die Preise unter den üblichen Marktpreisen liegen. Diese Preise müssen für eine gewisse Zeitspanne, mindestens einen Monat, gelten. Der Begriff kann sowohl bedeuten, dass die angegebenen Preise dauerhaft auf niedrigem Niveau bleiben, als auch dass alle Artikel des Anbieters knapp kalkuliert sind und keine Sonderangebote existieren.
- Werbung mit einem Ankauf zu „Höchstpreisen“ setzt voraus, dass der Werbende mit seinen Ankaufspreisen zur Spitzengruppe gehört. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall auch einmal ein höherer Preis geboten wird.
31. Irreführende Werbung durch Unternehmensbezeichnung
a) Apotheke
- Bezeichnung „Apotheke“: Ein Einzelhandelsgeschäft darf sich nur „Apotheke“ nennen, wenn der Inhaber eine deutsche Approbation als Apotheker besitzt oder eine Erlaubnis nach § 2 I ApoG hat. Eine Drogerie darf sich nicht „Apotheke“ nennen oder Apothekerwaren ankündigen (LG Bamberg MD 2020, 976).
- „Naturapotheke“: Irreführend, wenn ohne apothekenrechtliche Erlaubnis Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden.
- „Internationale Apotheke“: Nicht irreführend, wenn die Apotheke in großem Umfang mit ausländischen Arzneimitteln handelt und über sprachkundige Mitarbeiter verfügt (OLG München WRP 2003, 398).
- „Tattoo Apotheke“: Nicht irreführend, da der Verkehr nicht erwartet, dass Tätowierungsleistungen angeboten werden (OLG Köln MD 2017, 500).
- „Die Rezept-Apotheke“: Irreführend als Werbung mit Selbstverständlichkeiten (OLG Stuttgart WRP 2019, 506).
- „Homecare-Apotheke“: Irreführend, da es einen Zusammenhang mit der ambulanten Pflege suggeriert (OLG Düsseldorf WRP 2008, 1270).
b) Drogerie
- Bezeichnung „Drogerie“: Ein Einzelhandelsgeschäft darf sich „Drogerie“ nennen, auch wenn es drogeriefremde Waren führt. Der Bedeutungswandel durch die Zunahme von Filialbetrieben und SB-Drogerien hat dazu geführt, dass nicht mehr unbedingt eine fachliche Ausbildung des Inhabers oder leitenden Angestellten als Drogist vorausgesetzt wird (OLG Frankfurt WRP 2002, 1452).
- „Fachdrogerie“: Verlangt zusätzliche Spezialisierung auf Waren der Fachbranche (LG Aachen WRP 1969, 43).
- Begriff „drugstore“: Im deutschen Sprachraum weist er nicht mehr auf eine Drogerie hin und kann für Geschäfte verwendet werden, in denen keine Drogeriewaren verkauft werden (OGH ÖBl 1972, 14).
c) Fach- und Spezialgeschäft
- Fachgeschäft: Der Verkehr erwartet nicht nur ein bestimmtes Warensortiment, sondern auch besondere Fachkunde und fachkundige Beratung (BGH GRUR 1997, 141 – Kompetenter Fachhändler).
- Spezialgeschäft: Vom Verkehr als Synonym zu „Fachgeschäft“ verstanden, erfordert eine spezialisierte Auswahl, Vielfalt und Qualität des Angebots (OLG Karlsruhe GRUR 1990, 295).
- Werbung „Jede Abteilung ein Spezialgeschäft“: Setzt voraus, dass jede Abteilung über die kennzeichnenden Eigenschaften eines Spezialgeschäfts verfügt, insbesondere fachkundiges Verkaufspersonal.
d) Haus
- Der Begriff hat sich über die Zeit gewandelt. Ursprünglich bedeutete er ein vollkaufmännisches Einzelhandelsunternehmen mit einem breiten Sortiment und großer Verkaufsfläche (BGH GRUR 1980, 60 – 10 Häuser erwarten Sie). Heute verbindet der Verkehr damit oft nur ein normal ausgestattetes Geschäft der jeweiligen Branche.
- „Haus der Gesundheit“: Irreführend, wenn es suggeriert, dass eine Apotheke ein umfangreicheres Dienstleistungs- und Warensortiment bietet als üblich (BVerwG NJW 1992, 588).
- „Ärztehaus“: Nicht irreführend, wenn es mehrere Arztpraxen gibt (BGH GRUR 1988, 458 – Ärztehaus).
- „Auktionshaus“: Erfordert regelmäßige Auktionen mit fachkundigem Personal und Katalogen (OLG Hamm GRUR 1993, 764).
- „Discounthaus“: Ein größeres Einzelhandelsgeschäft, das Waren zu deutlich niedrigeren Preisen anbietet (Haberkorn WRP 1966, 393).
e) Ärztehaus
Ob die Verwendung der Bezeichnung „Ärztehaus“ zulässig ist, hängt von der Art der Verwendung, den Verwendern und den Umworbenen ab. Keinesfalls zu beanstanden ist die Verwendung des Begriffs in lediglich an Kapitalanleger und an Ärzte gerichteten Werbeschreiben und Prospekten einer Bauträgergesellschaft, die ein von ihr errichtetes Haus als „Ärztehaus“ bezeichnet (BGH GRUR 1988, 458 (459) – Ärztehaus). Anders ist die Lage beurteilt worden bei Verwendung des Wortes „Ärztehaus“ auf vor dem Haus stehenden Bauschildern, weil dadurch wie bei einer Beschriftung des Hauses selbst der Eindruck einer qualifizierteren ärztlichen Leistung hervorgerufen werden könne (BGH GRUR 1988, 458 (459) – Ärztehaus). Eine Irreführung ist damit aber noch nicht dargetan, solange das ärztliche Angebot in dem Ärztehaus dem entspricht, was der Verkehr auf Grund dieser Bezeichnung erwartet.
f) Markt
Die Bedeutung des Firmenzusatzes „Markt“ hat sich im Laufe der Zeit erheblich gewandelt. Nach herkömmlicher Bedeutung erwartete der Verkehr ein Zusammentreffen einer großen Anzahl von Verkäufern derselben Branche an einem Ort. Heute versteht die Verkehrsauffassung unter einem „Markt“ nicht mehr eine gegenüber dem Einzelhandel selbstständige Vertriebsform, sondern ein übliches Einzelhandelsunternehmen mit einer gewissen Größe und einem umfassenden Angebot (BGH GRUR 1981, 910 – Der größte Biermarkt der Welt; GRUR 1983, 779 – Schuhmarkt). Je stärker die Spezialisierung, desto höhere Anforderungen sind an die Vielfalt des Warenangebots zu stellen, um die Verwendung des Begriffs „Markt“ zu rechtfertigen.
g) Selbstbedienungsgeschäft
Die Ankündigung von Selbstbedienung muss sicherstellen, dass die Waren so präsentiert und gekennzeichnet sind, dass Rückfragen beim Verkaufspersonal über Material und Verarbeitung normalerweise nicht nötig sind. Dies gilt auch für Geschäfte wie Uhren-, Gold- und Schmuckläden, die mit Selbstbedienung werben. Kunden erwarten, dass sie in einem Selbstbedienungsgeschäft nicht vom Personal angesprochen werden, es sei denn, sie wünschen Beratung ausdrücklich.
h) Zentrale, Zentrum, Center
Die Bezeichnung „Center“ hat an Bedeutung verloren. Sie wird in verschiedenen Zusammensetzungen wie Möbel-Center, Fitness-Center usw. verwendet und weist nicht mehr zwingend auf ein umsatzstarkes Unternehmen hin. Auch virtuelle Geschäftslokale könnten als „Center“ bezeichnet, es sei denn, in bestimmten Branchen hat der Begriff „Center“ seinen ursprünglichen Sinn behalten.
Ein ähnlicher Bedeutungswandel wie bei „Center“ ist für „Zentrale“ und „Zentrum“ nicht oder nur in geringem Umfang festzustellen. „Zentrale“ weist oft auf Organisation, Größe und Bedeutung eines Unternehmens hin. Ein „Einkaufszentrum“ muss aus mehreren Geschäften bestehen, die ein breites Sortiment anbieten. Ein „Handelszentrum“ sollte eine Vielzahl von Waren des täglichen Bedarfs zentral anbieten.
32. Irreführende Werbung durch Traditions- und Alterswerbung
Die Werbung mit dem Alter des Unternehmens führt zu positiven Assoziationen. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Solidität sowie langjährige Wertschätzung innerhalb des Kundenkreises werden dem Unternehmen vom Verkehr bes. Erfahrungen in diesem Bereich zugeschrieben. Auf diese Weise kann die Alterswerbung die Kaufentscheidungen der Verbraucher beeinflussen, da sie versteckte Qualitätssignale enthält. Daher verstößt derjenige, der sein Unternehmen in der Werbung für älter hält als es tatsächlich ist, gegen § 5.
33. Geografische Zusätze als Irreführung
Eine Unternehmensbezeichnung mit geografischem Hinweis weckt vielfältige Vorstellungen. Der Betrieb muss normalerweise im angegebenen Gebiet ansässig sein. Beispielsweise muss ein „Hamburger Importhaus“ in Hamburg eine Niederlassung haben. Bei Ladengeschäften beschreibt der geografische Zusatz oft die Art der Ware, nicht den Standort (z.B. „Salzburger Trachtenstube“ in Hamburg). Dies gilt auch für Restaurants und Hotels („Pizzeria Napoli“, „Hotel Stadt Wien“).
Geografische Angaben können auf Bedeutung, Leistungsfähigkeit und Sonderstellung im Gebiet hinweisen (BGHZ 53, 339 – Euro-Spirituosen). Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass solche Angaben Alleinstellungsansprüche vermitteln. Dies hängt vom Einzelfall ab, vor allem von der Unternehmensart und weiteren Firmenbestandteilen.
Der Zusatz „deutsch“ weist auf den Sitz in Deutschland hin. Der Verkehr erwartet ein auf den deutschen Markt zugeschnittenes Unternehmen (BGHZ 53, 339 – Euro-Spirituosen). Eine „Deutsche Kreditkarte“ muss konkurrenzfähig sein (OLG München GRUR 1988, 709).
Unternehmen, die nicht auf den gesamten deutschen Markt zugeschnitten sind, dürfen den Zusatz „deutsch“ nur führen, wenn keine Irreführung vorliegt. Bekannte ausländische Unternehmen in Deutschland dürfen diesen Zusatz verwenden, wenn sie als Tochtergesellschaft agieren und der Verkehr den Zusatz als Hinweis auf die Muttergesellschaft versteht (BGH GRUR 1982, 239 – Allgemeine Deutsche Steuerberatungsgesellschaft).
Überregionale Zusätze dürfen grundsätzlich nur von bedeutenden Unternehmen verwendet werden. Die Bezeichnung „International“ setzt voraus, dass ein Unternehmen aufgrund seiner Organisation, wirtschaftlichen Stärke und ausländischen Geschäftsbeziehungen einen bedeutenden Teil seiner Geschäfte außerhalb des Bundesgebiets abwickelt; der bloße Export von Waren ins Ausland ist hierfür nicht ausreichend.
34. Rechte des geistigen Eigentums und irreführende Werbung
Die Schutzrechtsanmaßung begegnet uns in drei Formen:
- Beschaffenheitsangabe: Die Angabe, ein Produkt sei „gesetzlich geschützt“, „patentiert“ oder ein Schutz sei beantragt („Pat. angem.“ oder „pat. pend.“), betrifft die Beschaffenheit des Produkts.
- Werbende Herausstellung: Schutzrechte werden genutzt, um die Bedeutung des Unternehmens zu unterstreichen.
- Schutzrechtsverwarnung: Die Behauptung, im Besitz eines Schutzrechts zu sein, wird verwendet, um einen Dritten – häufig einen Mitbewerber oder dessen Abnehmer – abzumahnen.
Werden in diesem Zusammenhang unrichtige Angaben gemacht, handelt es sich um irreführende Werbung gemäß § 5. Die erste Variante gehört zur produktbezogenen Irreführung (§ 5 II Nr. 1), während die anderen beiden zur unternehmensbezogenen Irreführung zählen (§ 5 II Nr. 3). Trotz der unterschiedlichen Anbindung wird die Schutzrechtsanmaßung im Zusammenhang behandelt.
Der Verkehr schließt daraus, dass der Inhaber über eine gewisse technische Sonderstellung verfügt, was der Werbung erhebliche Relevanz verleiht. Die Schutzrechtsverwarnung ist von hoher wettbewerblicher Relevanz, da sie den Verwarnten oft veranlasst, die Herstellung oder den Vertrieb des Produkts einzustellen.
35. Irreführende Werbung durch Werbung mit CE-geprüft / CE-zertifiziert
Die Werbung mit CE-geprüft / CE-zeritfiziert ist als irreführende Werbung wettbewerbswidrig. Von der Verpflichtung zur Anbringung der CE-Kennzeichnung ist die Werbung mit CE-geprüft / CE-zeritfiziert abzugrenzen, welche häufig Gegenstand von Wettbewerbsprozessen ist. Sehr viele Anbieter bewerben ihre Produkte mit den Angaben „ce-geprüft“, „ce-zertifiziert“ oder ähnlichen Begriffen. Darin sehen die Gerichte regelmäßig eine Irreführung. Die CE-Kennzeichnung ist die Eigenerklärung des Herstellers, dass das Produkt alle EU-weiten Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz erfüllt. Durch die Angaben „geprüft“, „zertifiziert“ oder ähnliche Bewerbung suggeriert der Werbende, dass ein CE-Zeichen von einer unabhängigen Stelle nach einer entsprechenden Prüfung verliehen wurde, was ein gewisses Vertrauen bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Für eine Irreführung ist dabei bereits die Anbringung des CE-Zeichens in enger räumlicher Nähe zu echten Prüfsiegeln ausreichend. Es ist jedwedes Beiwerk zur allein geforderten neutralen Anbringung des CE-Zeichens zu unterlassen, das geeignet ist, irrige Vorstellung des durch des Verbrauchers betreffend die Natur des CE-Zeichens hervorzurufen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2016, Az. I-15 U 58/15 – CE-Kennzeichnung). Die zitierte Rechtsprechung zeigt, dass das CE-Zeichen zwar zwingend anzubringen ist, bei der Bewerbung damit jedoch höchste Vorsicht geboten ist.
So hat z.B. auch das OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.11.2020, Az. 3 U 2612/20 ausgeführt, dass die Werbung mit CE-geprüft / CE-zeritfiziert bei dem angesprochenen Verkehr den Eindruck erweckt, das so beworbene Produkt sei einer Überprüfung durch eine vom Hersteller unabhängigen Stelle unterzogen. Dieser Eindruck ist unzutreffend, weil der Verwender mit dem CE – Zeichen, lediglich selbst die Konformität seines Produkts mit dem einschlägigen Vorschriften bestätigt.
36. Irreführung durch Werbung für eine Halogenlampe als Sparlampe / Energy Saver
Das Inverkehrbringen eines Großteils von Halogenlampen ist mittlerweile aufgrund deren Energieineffizienz verboten. Trotzdem finden sich noch unzählige Angebote solcher Lampen auf dem deutschen Markt. Da der Verbraucher immer mehr auf die Energieeffizienz der von ihm erworbenen Produkte achtet, werden Halogenlampen sehr häufig als Sparlampe oder Energy Saver beworben. Das ist insbesondere auf Marktplätzen wie Amazon zu beobachten, da die Eingabe „Sparlampe“ in der Suchmaske dann die entsprechenden Angebote zu Tage fördert. Aufgrund des Umstands, dass LED-Lampen mittlerweile der Standard sind, sind Halogenlampen vergleichsweise ineffizient, weswegen diese nicht als Sparlampe beworben werden dürfen.
Eine Werbung für eine Halogenlampe als Sparlampe stellt eine irreführende Werbung dar und ist daher wettbewerbswidrig. Das OLG Nürnberg hat mit Urteil vom 28. April 2020, Az. 3 U 3053/19 entschieden, dass es sich bei der Werbung mit Sparlampe oder Energy Saver für eine Halogenlampe um eine irreführende Angabe handelt, da die Halogenlampe im Vergleich zur LED-Lampe als maßgeblicher Bezugsgröße keine Sparlampe ist.
37. Irreführende Werbung durch Werbung ohne Angabe der Energieeffizienzklasse
Die Angabe der Energieeffizienzklasse ist ebenfalls zwingend vorgeschrieben. Nach der Verordnung (EU) Nr. 2017/1369 hat ein Händler von energieverbrauchsrelevanten Produkten in jeglicher Werbung die Energieeffizienzklasse und das Spektrum der verfügbaren Energieeffizienzklassen anzugeben, damit der Verbraucher einen Vergleich der Energieeffizienz vornehmen kann. Das Unterlassen dieser Angabe ist wettbewerbswidrig und ebenfalls Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren. Hierbei ist zu beachten, dass diese Angabe nicht versteckt sein darf, sondern der Verbraucher auf den ersten Blick erkennen muss, welche Energieeffizienzklasse vorliegt.