Was ist Fernunterricht im Sinne des FernUSG?
Der BGH, Urt. v. 2. 10. 2025 – III ZR 173/24 bekräftigt, dass ein Vertrag Fernunterricht i.S.d. § 1 Abs. 1 FernUSG ist, wenn auf vertraglicher Grundlage gegen Entgelt Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, Lehrender und Lernender räumlich getrennt sind und eine Überwachung des Lernerfolgs erfolgt. Maßgeblich ist eine funktionale Betrachtung des Vertragsinhalts, nicht dessen Bezeichnung. Der E-Commerce-Master-Club-Vertrag erfüllte diese Kriterien: Die Beklagte vermittelte systematisch Wissen zu E-Commerce, Marketing und Geschäftsaufbau über Videos und Online-Coachings. Dass der Unterricht teilweise als „Coaching“ bezeichnet wurde, ändert nichts, weil auch Coaching auf die Wissens- und Kompetenzvermittlung gerichtet ist. Der BGH betont den Schutzzweck des FernUSG – Teilnehmer sollen vor unseriösen Bildungsanbietern und finanziellen Risiken geschützt werden. Entscheidend ist nicht die äußere Form, sondern ob ein strukturiertes Lernangebot mit Erfolgskontrolle besteht. Daher fällt auch ein hybrides Online-Coaching unter den Fernunterrichtsbegriff, sofern die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FernUSG genannten Merkmale kumulativ erfüllt sind. Der BGH folgt damit seiner Linie aus III ZR 109/24 und grenzt den Fernunterricht nicht auf klassische Schulungen ein, sondern bezieht auch moderne digitale Lernformate ein.

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M EWas sind Kenntnissen und Fähigkeiten nach dem FernUSG?
Nach Ansicht des BGH, Urt. v. 2. 10. 2025 – III ZR 173/24 sind die Begriffe „Kenntnisse“ und „Fähigkeiten“ weit auszulegen. Schon der historische Gesetzeszweck und die Materialien (BT-Drs. 7/4965) zeigen, dass damit „jegliche“ Wissens- oder Kompetenzvermittlung gemeint ist – unabhängig von Inhalt, Niveau oder Didaktik. Weder eine bestimmte Qualität noch Systematik des Lernstoffs ist erforderlich. Der BGH betont, dass gerade Angebote ohne pädagogische Qualität, die aber Lernziele versprechen, dem Schutz des FernUSG bedürfen. Im entschiedenen Fall vermittelte der „E-Commerce Master Club“ praxisnahe Kenntnisse zu Shop-Erstellung, Online-Marketing und rechtlichen Grundlagen. Auch wenn das Ziel primär ein wirtschaftlicher Erfolg war, bleibt der Vorgang eine Wissensvermittlung. Praktische Zielorientierung schließt den Anwendungsbereich des FernUSG nicht aus. Die Beklagte wollte Fähigkeiten zur erfolgreichen Unternehmensgründung und Umsatzsteigerung vermitteln – also kognitive und methodische Kompetenzen. Der BGH verwarf die Argumentation, es handele sich nur um individuelle Lebensberatung, da selbst personalisierte Coachings die Vermittlung von Wissen enthalten. Damit bestätigt das Gericht: Jedes systematische Unterweisungsangebot mit Lernziel – gleich ob theoretisch oder praktisch – fällt unter § 1 Abs. 1 FernUSG.

Wann liegt nach FernUSG räumliche Trennung bei Onlinekursen vor?
Der BGH, Urt. v. 2. 10. 2025 – III ZR 173/24 definiert die „räumliche Trennung“ weiterhin wortlautgetreu: Lehrender und Lernender befinden sich bei der Wissensvermittlung nicht im selben Raum. Das Kriterium bleibt auch im Zeitalter digitaler Medien anwendbar, obwohl der Gesetzgeber das FernUSG seit 1975 mehrfach geändert, das Merkmal aber nicht angepasst hat. Online-Formate erfüllen die Voraussetzung regelmäßig, da Interaktion über technische Kommunikationsmittel erfolgt. Im Streitfall lag der Schwerpunkt auf Videomodulen, die asynchron konsumiert werden – hier besteht unzweifelhaft räumliche Trennung. Auch die begleitenden Coaching-Calls änderten daran nichts, da sie thematisch auf die Videos bezogen und nur unterstützenden Charakter hatten. Die „lebenslange“ Zugriffsgewährung auf Lernvideos verdeutlicht den Fernunterrichtscharakter. Selbst wenn synchrone Elemente existieren, bleibt der Unterricht „überwiegend“ räumlich getrennt, sobald der Hauptteil der Wissensvermittlung asynchron erfolgt. Der BGH lehnte es ab, eine teleologische Reduktion vorzunehmen, weil Online-Lernen denselben Schutzbedarf erzeugt wie traditioneller Fernunterricht. Das Urteil stellt klar: Digitale Lernplattformen und Online-Coachings, deren Hauptinhalt über Video- oder E-Learning-Material vermittelt wird, sind als Fernunterricht einzustufen, auch wenn punktuelle Live-Kommunikation stattfindet.

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Was ist Überwachung des Lernerfolgs (Lernerfolgskontrolle) im FernUSG?
Die „Überwachung des Lernerfolgs“ wird vom BGH, Urt. v. 2. 10. 2025 – III ZR 173/24 weit verstanden. Es genügt, dass der Vertrag eine individuelle Anleitung oder die Möglichkeit zur Rückkopplung vorsieht, durch die der Lernende seine Fortschritte überprüfen kann. Eine formalisierte Prüfung ist für das Vorliegen einer Lernerfolgskontrolle nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass ein persönlicher Austausch mit Rückmeldung über das Verständnis des Lernstoffs vorgesehen ist. Im konkreten Fall geschah dies durch Q&A-Sessions („Coaching Calls“), E-Mail-Support und eine geschlossene Facebook-Gruppe, über die Teilnehmer Fragen stellen konnten. Diese Strukturen ermöglichten eine laufende Erfolgskontrolle, da Nachfragen und Korrekturen vorgesehen waren. Der BGH betont, dass bereits ein vertraglich eingeräumtes Fragerecht ausreicht, um das Tatbestandsmerkmal zu erfüllen – der Lehrende muss nicht zwingend aktiv prüfen. Die Zusage, der Teilnehmer werde gecoacht, bis er einen bestimmten Gewinn erzielt, impliziert ebenfalls eine Lernbegleitung mit Feedback-Schleifen. Damit genügte das Angebot der Beklagten klar der gesetzlichen Voraussetzung. Die Entscheidung festigt die Rechtsprechung (vgl. III ZR 310/08; III ZR 109/24), wonach auch digitale oder informelle Kontrollmechanismen eine Lernerfolgsüberwachung darstellen.

Ist das FernUSG auf Unternehmer anwendbar?
Der BGH, Urt. v. 2. 10. 2025 – III ZR 173/24 bestätigt ausdrücklich, dass das FernUSG nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer schützt. Weder der Wortlaut des Gesetzes noch die Gesetzesmaterialien enthalten eine Beschränkung auf Verbraucher. Der Schutzzweck – Bewahrung vor überteuerten, intransparenten oder qualitativ minderwertigen Fernlehrangeboten – gilt gleichermaßen für Gründer und Selbständige ohne Erfahrung im Bildungs- oder Geschäftsbereich. Gerade bei E-Commerce-Coachings richtet sich die Werbung oft an Personen, die eine neue Existenz aufbauen wollen und über geringe wirtschaftliche Kenntnisse verfügen. Diese Personengruppe ist ähnlich schutzbedürftig wie Verbraucher. Daher kann der Vertrag auch dann unter das FernUSG fallen, wenn der Teilnehmer formal Unternehmer i.S.v. § 14 BGB ist. Der BGH verweist auf seine Parallelentscheidung vom 12. Juni 2025 (III ZR 109/24), die denselben Grundsatz bejaht. Damit wird eine einheitliche Schutzrichtung bestätigt: Der persönliche Zweck oder Status des Teilnehmers ist unerheblich, sofern der Vertrag objektiv Merkmale des Fernunterrichts erfüllt. Das Urteil erweitert somit den praktischen Anwendungsbereich des FernUSG erheblich auf Coaching- und Gründungsprogramme im unternehmerischen Kontext.

Braucht ein Coach eine Zulassung nach § 12 FernUSG?
Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 FernUSG dürfen Fernunterrichtsangebote nur mit Zulassung der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) durchgeführt werden. Fehlt diese, ist der Vertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig. Der BGH wendet diese Regel strikt an: Die Beklagte verfügte über keine Zulassung für ihren „E-Commerce Master Club“, weshalb der gesamte Vertrag nichtig war und kein Zahlungsanspruch bestand. Das Programm war nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 3 FernUSG befreit, da es nicht der Freizeitgestaltung oder Unterhaltung diente, sondern wirtschaftlichen Lernzwecken. Der BGH betont, dass die Zulassungspflicht unabhängig von der Selbstbezeichnung des Angebots (z. B. „Coaching“) gilt. Entscheidend ist allein, ob die Tatbestandsmerkmale des Fernunterrichts erfüllt sind. Anbieter, die Online-Kurse mit Lernzielen, Betreuung und Zertifikaten vertreiben, benötigen daher zwingend eine ZFU-Zulassung. Fehlt sie, ist der Vertrag nichtig, und der Anbieter hat keinen Anspruch auf Vergütung. Das Urteil verschärft die Anforderungen an kommerzielle Coaching- und Schulungsanbieter und bestätigt die FernUSG-Schutzzwecke als zwingendes Marktverhaltensrecht.
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