Gesundheitsbezogene Werbung „ImmunStark“ Vitaminbonbons

Für Hersteller von Lebensmitteln ist gesundheitsbezogene Werbung ein attraktives Marketinginstrument, jedoch ist sie rechtlich streng reguliert. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 25. März 2025 (Az. 3 U 936/24) zeigt exemplarisch, wie schmal der Grat zwischen zulässiger und unzulässiger Angabe ist. Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die Frage, ob die Bezeichnung „ImmunStark” auf einer Bonbonverpackung eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe darstellt und ob diese ausreichend mit einer zugelassenen konkreten Angabe gekoppelt war.

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Sachverhalt „ImmunStark“ für Vitaminbonbons

Die Beklagte, ein traditionsreicher Bonbonhersteller, bewarb ihre neue Produktlinie „Vitamin Shot“ mit der Bezeichnung „ImmunStark“ auf der Vorderseite der Verpackung. Auf der Rückseite fand sich in einem Kastenfeld ein Sternchenhinweis mit dem Text: „* Vitamine C, B6, B9 und B12 tragen zu einer gesunden Funktion des Immunsystems bei.“ Während der Hersteller diese Angabe als zulässige Ergänzung verstand, sah der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, dies anders und klagte.

Die Entscheidung des OLG Nürnberg zu „ImmunStark“

Das OLG stufte die Angabe „ImmunStark” gemäß Art. 10 Abs. 3 HCVO als unspezifische gesundheitsbezogene Angabe ein. Damit ist ihre Verwendung nur zulässig, wenn gleichzeitig eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe in unmittelbarer Nähe erfolgt.

Warum „ImmunStark“ als unspezifisch?

Das Gericht stellte klar, dass die Angabe zwar auf das Immunsystem Bezug nimmt, aber keine konkrete Aussage zu einem bestimmten Nährstoff oder einem Wirkmechanismus trifft. Daher sei sie nicht spezifisch, sondern allgemein gehalten. Ähnlich wie bei Ausdrücken wie „lernstark“ oder „herzgesund“ handle es sich um ein „Schlagwort“, das eine positive Wirkung auf das Wohlbefinden suggeriere, ohne wissenschaftlich quantifizierbar zu sein.

Fehlende Koppelung mit spezifischer Angabe

Zwar befand sich auf der Rückseite ein Sternchenhinweis mit einer zulässigen spezifischen Aussage („Vitamine C, B6, B9 und B12 tragen zu einer gesunden Funktion des Immunsystems bei.“), jedoch genügte dies dem Koppelungserfordernis nicht. Die visuelle Nähe zwischen unspezifischer und spezifischer Angabe fehlte, da eine räumlich getrennte Rückseitenangabe nicht ausreicht.

Bewertung der Formulierung „gesunde Funktion“

Ein weiterer Streitpunkt war die Formulierung „gesunde Funktion“ anstelle der im Anhang der HCVO vorgesehenen Formulierung „normale Funktion“. Das OLG sah hierin jedoch keinen Verstoß gegen die HCVO. Der Begriff „gesund“ verändere die Aussage nicht inhaltlich, sondern sei für Verbraucher:innen gleichbedeutend mit „normal“. Eine Irreführung, beispielsweise in dem Sinne, dass die Bonbons Krankheiten heilen könnten, sei nicht zu befürchten.

Bedeutung für die Praxis

1. Verpackungsgestaltung im Fokus

Das Urteil unterstreicht die große Bedeutung der visuellen Gestaltung von Lebensmittelverpackungen. Die unspezifische Angabe „ImmunStark” allein wäre zwar zulässig gewesen, allerdings nur, wenn eine zugelassene spezifische Angabe klar sichtbar und räumlich eng verknüpft platziert worden wäre. Sternchenverweise auf der Rückseite genügen in der Regel nicht, um den Anforderungen des Art. 10 Abs. 3 HCVO gerecht zu werden.

2. Kein Spielraum bei zulässigen Formulierungen?

Die Entscheidung zeigt, dass Gerichte im Einzelfall durchaus bereit sind, geringfügige Abweichungen von den in der EU-Verordnung gelisteten gesundheitsbezogenen Aussagen zuzulassen – jedenfalls dann, wenn sie den Aussagegehalt nicht wesentlich verändern. Die Ersetzung von „normal“ durch „gesund“ wurde hier akzeptiert, was für viele Hersteller eine gewisse Erleichterung bedeutet.

3. Die Abgrenzung zwischen spezifischer und unspezifischer Angabe bleibt schwierig.

Das Urteil bestätigt: Die Abgrenzung zwischen spezifischen und unspezifischen Angaben ist nicht immer eindeutig. Begriffe wie „ImmunStark“, „herzgesund“ oder „lernstark“ sind häufige Marketingformulierungen. Ob sie zulässig sind, hängt stark vom Kontext ab, insbesondere davon, welche Aussagen flankierend getroffen werden, ob ein Zusammenhang zu konkreten Inhaltsstoffen hergestellt wird und wie die Verpackung insgesamt gestaltet ist.

Fazit zum Urteil des OLG Nürnberg „ImmunStark“

Das Urteil des OLG Nürnberg zeigt eindrücklich, dass Marketing und Gesundheitsrecht oft in einem Spannungsverhältnis stehen. Hersteller müssen sorgfältig prüfen, welche Aussagen sie wie mit ihren Produkten verknüpfen. Insbesondere bei gesundheitsbezogenen Angaben gilt: Es kommt nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Platzierung an. Wer unspezifische Angaben wie „ImmunStark” verwendet, muss sicherstellen, dass die notwendige spezifische Angabe klar und deutlich zugeordnet werden kann und nicht nur irgendwo auftaucht.

Für Unternehmen, die Lebensmittel mit Gesundheitsbezug vermarkten, ist anwaltlicher Rat daher unerlässlich – am besten bereits vor der Gestaltung der Verpackung. So lassen sich teure Abmahnungen und Unterlassungsverfahren vermeiden.

Wenn Sie Fragen zur rechtskonformen Lebensmittelkennzeichnung oder zur Werbung mit Health Claims haben, sprechen Sie uns gerne an. Unsere Kanzlei verfügt über langjährige Erfahrung im Wettbewerbs-, Lebensmittel- und Werberecht:

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